Wunschlos glückliches „Vizekusen“

Leverkusen (dpa) - Die Bayer-Fans sangen fröhlich „Deutscher Vizefußball-Meister“ und der Ex-Leverkusener Michael Ballack stimmte ein Loblied auf den Werksclub an. „Sehr überzeugend. Leverkusen liegt zurecht auf dem zweiten Platz“, sagte der einstige Weltstar nach dem 3:0 (2:0) gegen den HSV.

Mit 33 Punkten überwintert „Vizekusen“ auf Stammplatz zwei in der Fußball-Bundesliga, neun Zähler hinter Bayern München. „Wir haben nichts dagegen, wenn wir nach den nächsten 17 Spielen auch noch da oben stehen“, meinte Leverkusens überragender Stürmer Stefan Kießling.

Der 28-Jährige ist mit 25 Treffern der beste Torjäger der Bundesliga im Kalenderjahr 2012, aber bisher kein Mann für Bundestrainer Joachim Löw. „Wenn nächste Woche ein Länderspiel wäre, wäre er dabei“, scherzte Mit- und Nationalspieler Lars Bender. Kießling selbst, der mit dem Doppelpack (27./66. Minute) seine Hinrunden-Quote auf zwölf Tore erhöhte und das 2:0 durch André Schürrle (36.) - es war zugleich der 1900. Liga-Treffer für Bayer - vorbereitete, reagiert allergisch auf das Thema: „Es nervt.“

Stinksauer war sein einstiger Bayer-Weggefährte René Adler, der sich die erste Rückkehr an den Rhein nach dem Wechsel an die Elbe anders vorgestellt hatte. „Wir haben alle Tugenden des Fußballs vermissen lassen. Da fehlt mir jedes Verständnis“, schimpfte der Nationalkeeper, der von 2000 bis 2012 bei Bayer spielte, über das „kollektive Versagen“.

Den anstrengenden Brasilien-Kurztrip eine Woche zuvor wollte er nicht als Ausrede geltenlassen. Als Spieler habe man die Pflicht, „die Arschbacken zusammen zu kneifen, da runter zu fliegen, den Job zu machen und in der Bundesliga dann wieder zu spielen“. HSV-Chefcoach Thorsten Fink wollte aber nicht ausschließen, dass der anstrengende Ausflug ein Eigentor und deshalb „Leverkusen gedanklich schneller“ gewesen sein könnte: „Fragen sie mich bitte nicht, ob es daran lag. Ich glaube nicht, aber wissen tue ich es auch nicht.“

Bayer 04 hat nicht nur gewonnen, weil der HSV so schwach war. „So gut wie in der ersten Halbzeit habe wir selten gespielt“, befand Schürrle und freute sich, als Tabellenzweiter Weihnachten feiern zu können: „Wir wissen es zu schätzen und sind stolz.“ Wie über ein Geschenk freute sich Rudi Völler über die tolle Leistung seines Teams, das als einziges die Hinrunde ungeschlagen auf eigenem Platz beendete. „Das war ein tolles Spiel. In der ersten Halbzeit waren die Hamburger mit dem 2:0 gut bedient“, sagte der Bayer-Sportdirektor.

Wunschlos glücklich wären die Leverkusener, wenn sie nach glänzender Hinrunde und dem Einzug in die Europa-League-Zwischenrunde am Mittwoch (19.00 Uhr) ins Viertelfinale des DFB-Pokals einziehen würden. „Wir werden gegen den VfL Wolfsburg noch mal alle Kräfte mobilisieren“, versprach Schürrle.

„Den Weg wollen wir konsequent weitergehen“, sagte Bayer-Chefcoach Sascha Lewandowski und mahnte: „Es wäre ärgerlich, wenn so etwas wie Selbstzufriedenheit aufkommt. Wir sind gut beraten, realistisch zu bleiben.“ Dass er mit Teamchef Sami Hyypiä die Leverkusener zu so einer Erfolgstruppe formen würde, hätte kaum einer gedacht. „Vermutlich haben uns dies die wenigsten zugetraut“, stellten die Beiden im Editorial des „BayArena“-Magazins mit Genugtuung fest.

Um in der Rückrunde weiter auf dem Erfolgspfad zu wandeln, wird der kleine Bayer-Kader im Winter aufgestockt werden müssen. Ein Kandidat saß schon auf der Tribüne: Der polnische Stürmer Arkadiusz Milik. Dagegen wird der Brasilianer Renato Augusto in seine Heimat zurückkehren. Kein Comeback wird es für Michael Ballack bei Bayer geben: Er sondierte nur die Möglichkeit eines Abschiedsspiels im Sommer 2013 in der BayArena.

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