Trübe Aussichten für HSV-Trainer Oenning

Der Trainer des Tabellenletzten Hamburger SV steht gegen die stark gestarteten Gladbacher enorm unter Druck.

Düsseldorf. In der HSV-Arena läuft ein digitaler Zeitmesser. In blau-weißen Farben werden die Anhänger darüber informiert, wie lange ihr Verein in der Bundesliga spielt: in Jahren, Tagen, Stunden, Minuten und Sekunden.

Seit dem ersten Bundesliga-Spieltag, am 24. August 1963, sind gut 48 Jahre vergangen, und der Hamburger SV ist das einzige Gründungsmitglied der Bundesliga, das nie abgestiegen ist. Ein Rekord, den die Hanseaten exklusiv haben. „Und das soll auch so bleiben“, sagt HSV-Idol Uwe Seeler.

Aber wie lange tickt die Uhr noch beim Bundesliga-Schlusslicht? Geben die Verantwortlichen Trainer Michael Oenning beim Aufbau des neuen Hamburger SV (17 Abgänge, 17 Zugänge) genügend Zeit? Frank Arnesen jedenfalls stellt sich schützend vor seinen Trainer. „Ich bin nicht in Panik“, versicherte der Sportdirektor. „Ich sage ,come on, boys’, wenn wir so weiterspielen, kommt das Glück.“

Sieglos nach fünf Spielen mit 16 Gegentoren scheint der HSV dennoch gen 2. Liga zu taumeln. Vor dem Heimspiel morgen (15.30 Uhr) gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber Borussia Mönchengladbach steht Oenning mehr denn je unter Erfolgszwang. „Wir machen unser Ding und werden gewinnen“, sagt Oenning beinahe trotzig.

Als Assistent des damaligen Gladbach-Cheftrainers Dick Advocaat kam der Coesfelder 2004 nach Gladbach. Darauf folgten Trainer-Stationen beim VfL Wolfsburg, VfL Bochum und 1. FC Nürnberg, ehe er an der Waterkant anheuerte. Der „ewige Assistent“ verfügt als Cheftrainer über eine magere Erfolgsbilanz — nur vier Siege in 30 Bundesliga-Spielen.

Wer also den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Und so wird Oenning bei Twitter auf die Schippe genommen. Unter seinem Namen zwitschert ein Unbekannter Dinge wie: „Wir werden Geschichte schreiben und Titel holen — selbst wenn es vorerst nur der alte Rekord von Tasmania Berlin ist.“

Oenning hat jetzt einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der gegen die Beiträge vorgehen soll. Hintergrund ist ein Tweet, der sich gegen Lucien Favre richtete. Der gefakte Oenning zwitscherte über seinen Gladbacher Trainer-Kollegen, der gebürtiger Schweizer ist: „Lobhudelei an jeder Ecke für Herrn Favre und seine Leistung mit Gladbach. Nun gut, immerhin müssen meine Interviews nicht untertitelt werden.“

Das war Oenning und dem HSV zu viel des Guten. „Es ist nicht zu akzeptieren, wenn sich Einträge gegen Trainer und andere Klubs richten“, sagte HSV-Mediendirektor Jörn Wolf.

Lucien Favre ist nach der Rettung vor vier Monaten mit Gladbach ein Bilderbuchstart geglückt, der für die ruhige, akribische Arbeit und den klaren Stil des Trainers spricht. Fakten, die den früheren Erfolgstrainer und Retter Hans Meyer bewogen haben, Favre einen sicheren Job in Aussicht zu stellen.

Meyer, eine wichtige Stimme im Präsidium der Gladbacher, sagte kürzlich in seiner für ihn typischen Art: „Sie können davon ausgehen, dass ich Lucien Favre mit meiner ganzen Erfahrung aus vier Jahrzehnten unterstützen werde, und sollte es mal zu einer sportlichen Krise kommen, dann wird sich der Trainer länger halten als üblich.“

Hochkonjunktur am Niederrhein, trübe Zeiten beim Hamburger SV: Krasser können die Gegensätze bei den beiden Traditionsvereinen kaum sein.

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