Bayer Leverkusen 04 Tayfun Korkut: "Wir schieben die Hindernisse gemeinsam zur Seite"

Leverkusens Trainer vor dem Spiel gegen die Bayern über seine drei Weltmeister-Trainer, die Säulen seiner Arbeit und klare Absprachen mit Bayer 04.

Tayfun Korkut kann sich nicht vorstellen, eine andere Arbeit als den Trainerjob zu machen.

Tayfun Korkut kann sich nicht vorstellen, eine andere Arbeit als den Trainerjob zu machen.

Foto: Rolf Vennenbernd

Leverkusen. Leverkusens Trainer vor dem Spiel gegen die Bayern über seine drei Weltmeister-Trainer, die Säulen seiner Arbeit und klare Absprachen mit Bayer 04.

Herr Korkut, ist die Aufgabe in Leverkusen unter Umständen nur bis zum Saisonende nur Chance für Sie, oder auch ein großes Risiko?

Tayfun Korkut: Viel Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, hatte ich nicht. Der erste Gedanke war, dass Bayer 04 ein absoluter Topverein ist mit einem sehr guten Kader.

Und einige Wochen später: Alles richtig gemacht?

Korkut: Ja. Grundsätzlich: In dem Moment, in dem ich mich für etwas entscheide, stehe ich zu hundert Prozent dahinter.

Trainieren Sie jetzt in Leverkusen eine komplizierte Mannschaft?

Korkut: Nein. Der Verein ist sehr professionell, die Mannschaft ist intakt. Doch wenn es sportlich nicht mehr so funktioniert, wie es der Verein erwartet, wird alles kritisch hinterfragt. Dass man sich in so einer Situation von einem Trainer trennt, gehört zu diesem Geschäft.

Machen Sie sich Sorgen um ihre Karriere? Sie werden von vielen großen Fürsprechern gelobt, kommen in der Mannschaft gut an. Aber die Ergebnisse sind noch nicht besonders gut.

Korkut: Fußball ist ein Ergebnissport. Klar wäre alles leichter, wenn wir mehr Spiele gewonnen hätten. Aber ich werde meine Arbeit nie allein vom Ausgang eines Spiels abhängig machen. Auch wenn die Resultate das momentan noch nicht widerspiegeln — die Leistungskurve zeigt nach oben. Wissen Sie, die Arbeit eines Cheftrainers wird jede Woche beurteilt, Vorstände von Unternehmen berichten in der Regel alle sechs Monate. Durch die höhere Frequenz sind die externen Einflüsse größer. Dadurch ist der Prozess fragiler. Als Trainer muss man sich davon frei machen.

War Hannover der richtige Einstieg für Sie?

Korkut: Absolut. Hannover war meine erste Bundesliga-Station. Wir steckten im Abstiegskampf, als ich kam. Wir haben den zusammen gemeistert und haben dann zur neuen Saison eine komplett neue Mannschaft aufgebaut.. Das sind alles Erfahrungen, von denen ich profitiert habe. Dazu gehört auch die Station Kaiserslautern, wo ich gelernt habe, mit den vorhandenen Gegebenheiten flexibel umzugehen.

Gibt es eine Absprache, wie es in Leverkusen trotz Vertrags bis Saisonende für Sie weitergehen könnte?

Korkut: Nein. Und das wurde von vornherein klar und offen kommuniziert. Unser Fokus liegt klar darauf, mit der Mannschaft in den nächsten Partien erfolgreich zu sein.

Was mussten Sie verändern, als Sie kamen?

Korkut: Wir haben uns aufgrund der Kürze der Zeit mit der Mannschaft auf drei Punkte geeinigt: Kontersicherung, Kompaktheit und Spielkontrolle. Vieles davon haben die Spieler auch sehr schnell hinbekommen. Die späte und bittere Niederlage in Leipzig war eine wichtige Lektion, aus der wir unsere Schlüsse gezogen haben. Jetzt kommt Bayern: eine großer Herausforderung, die wir optimistisch angehen. Aber auch nochmal ein wirklich guter Prüfstein für uns. Das wird ein sehr interessantes Spiel.

Was wollen Sie persönlich in dieser Saison noch erreichen?

Korkut: So viele Spiele wie möglich gewinnen. Wir müssen hartnäckig bleiben, die Trainer, das Team. Wir schieben jetzt die Hindernisse gemeinsam zur Seite.

Wer hat Sie selbst als Trainer geprägt?

Korkut: Ich hatte drei Weltmeister-Trainer: Jogi Löw, Vicente Del Bosque und Carlos Alberto Parreira. Aber auch andere namhafte Trainer wie Javier Clemente und John Toshack. Alle komplett unterschiedlich, alle Facetten waren dabei. Mit Jogi Löw habe ich eine enge Freundschaft über all die Jahre aufgebaut, aber auch zu Vicente der Bosque habe ich noch Kontakt. Von allen habe ich etwas mitgenommen.

Gibt es Regeln, die Sie als Trainer fest folgen, die Ihnen helfen im Alltag?

Korkut: Ich spreche in diesem Zusammenhang gerne von Säulen. Eine davon ist: Auf Worte Taten folgen lassen. Und auch: Gleiche Regeln für alle, aber trotzdem ein individueller Umgang mit den Spielern. Wichtig ist mir auch, kommunikativ, direkt und ehrlich zu sein. An diesen Säulen orientiere ich mich. Bedeutsam sind zudem Werte, die man von den Eltern mitbekommt.

Was etwa in Ihrem Fall?

Korkut: Fleiß zum Beispiel. Meine Eltern gehören der erstenGeneration Türken an, die Ende der 50er Jahre als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen sind. Da gab es keine Integrationsangebote wie zum Beispiel Sprachkurse. Sie haben sich alles selbst hart erarbeitet. Wenn man den Vater jeden Morgen aufstehen und zur Arbeit gehen sieht, bevor man selber aufsteht, dann ist das ein Beispiel für ein konsequentes Vorleben von Werten. Das nimmt man mit für sein Leben. Auch für sein Trainerleben.

Können Sie sich vorstellen, nochmal etwas ganz anderes zu machen als Trainer zu sein?

Korkut: Nein. Für mich war schnell klar, dass ich weiterhin auf dem Platz stehen will, um etwas zu entwickeln. Aus einer Gruppe eine Einheit zu formen, in der alle gemeinsam agieren auf dem Platz. Und wenn das dann mit Ergebnissen gekrönt wird — das macht für mich die Faszination des Trainerseins aus.

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