Knapper Erfolg Sieg in Frankfurt: FC Bayern ist vorzeitig Herbstmeister

Frankfurt/Main (dpa) - Selten haben sich die Spieler des FC Bayern München über einen so schmucklosen Sieg derart gefreut.

Knapper Erfolg: Sieg in Frankfurt: FC Bayern ist vorzeitig Herbstmeister
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Der Schiedsrichter pfiff ab, und Thomas Müller sprang gleich dem ersten Kollegen in die Arme, den er nach dem 1:0 (1:0) bei Eintracht Frankfurt zu fassen bekam. Dieser Sieg war glücklich, dieser Sieg war hart erkämpft. Aber das Besondere daran war: Eine Mannschaft, die noch Anfang Oktober zu Dienstbeginn ihres neuen Trainers Jupp Heynckes fünf Punkte hinter dem Tabellenführer Borussia Dortmund lag, steht jetzt bereits zwei Spieltage vor dem Ende der Hinrunde der Fußball-Bundesliga als souveräner Herbstmeister fest. Acht Punkte Vorsprung haben die Bayern mittlerweile auf ihren Verfolger RB Leipzig, der gegen Mainz 05 nur 2:2 spielte.

Der Einzige, dem dieser nasskalte Nachmittag überhaupt keine Gefühlsregung entlockte, war Heynckes selbst. „Die Herbstmeisterschaft ist nicht von Bedeutung“, sagte er mit der Erfahrung von 43 Berufsjahren als Spieler und Trainer. „Deswegen schießen wir jetzt keine Raketen ab.“

Auch in spielerischer Hinsicht hatten das die Bayern in Frankfurt zu keiner Sekunde getan. In der ersten Halbzeit zeigten sie noch einige gute Phasen. In der zweiten Hälfte ermauerten sie sich diesen Sieg dann bloß noch wie ein gewöhnliches Mittelklasseteam.

Heynckes wusste aber auch genau, woran das lag. Denn selbst der Luxuskader des deutschen Meisters kommt in diesen Tagen ziemlich zerrupft daher. Arturo Vidal etwa schoss in der 20. Minute das Siegtor - und musste dann zu Beginn der zweiten Halbzeit akut platzverweisgefährdet ausgewechselt werden (55.).

Die verletzten Arjen Robben und Thiago waren in Frankfurt gar nicht dabei, Robert Lewandowski saß mit Knieproblemen 83 Minuten lang auf der Bank. Auch Thomas Müller und Franck Ribery sind nach ihren wochenlangen Zwangspausen noch weit von ihrer Bestform entfernt. „Wenn man solche Probleme hat, kann man nicht jedesmal ein so gutes Spiel machen wie gegen Paris Saint-Germain“, sagte Heynckes. „Wichtig ist, dass wir in den letzten Wochen Fahrt aufgenommen haben und die Mannschaft wieder guten und attraktiven Fußball spielt.“

Die Randgeschichten dieses Spiels wurden an zwei Orten geschrieben: Im Münchener Tor und an der Frankfurter Kabinentür.

Denn passend zu den Münchener Personalsorgen fielen dem Tabellenführer an diesem Samstag gleich alle drei Torhüter aus. Manuel Neuer und Christian Früchtl sind schon länger verletzt, bei Sven Ulreich machten sich dann kurz vor dem Anpfiff wieder die alten Adduktorenprobleme bemerkbar. Also stand jemand zwischen den Pfosten, der seine Karriere im Sommer eigentlich schon beendet hatte: der 36 Jahre alte Tom Starke. „Er sieht aus wie 50 und ist fit wie mit 28“, witzelte Javi Martínez hinterher. Denn Starke bekam deutlich mehr zu tun, als erwartet - und machte seine Sache gut. „Es war ein schwieriges Spiel“, sagte der reaktivierte Routinier hinterher.

Ähnlich bemerkenswert war, in was für einem Fall der Videobeweis diesmal zum Einsatz kam. Schiedsrichter Harm Osmers zeigte dem Frankfurter Marius Wolf in der 72. Minute nach einem Foul an James Rodríguez die Rote Karte. Der 22-Jährige hatte das Spielfeld schon verlassen, als diese Entscheidung wieder zurückgenommen und in eine Gelbe Karte abgeschwächt wurde. „Ich war schon an der Tür zur Kabine“, sagte Wolf hinterher. „Dann wurde ich zurückgerufen, der Schiedsrichter kam zu mir und hat sich entschuldigt.“

Die Frankfurter zeigten vor 51 500 Zuschauern ein leidenschaftliches und mutiges Spiel. Anders als erwartet, verbarrikadierten sie sich nicht im eigenen Strafraum, sondern setzten die Bayern vor allem in der zweiten Halbzeit massiv unter Druck. „Wir haben eine sehr gute Leistung gegen eine Weltklassemannschaft gezeigt“, sagte Trainer Niko Kovac. Auch Heynckes nannte den Gegner „physisch topfit, kämpferisch überragend, spielerisch gut strukturiert und unbequem“.

Kevin-Prince Boateng verlor zwar erneut das Duell mit seinem jüngeren Bruder Jerome. „Aber heute fühle ich mich trotzdem wie ein Gewinner“, sagte er. „Weil ich so stolz bin auf meine Mannschaft.“

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