Ruf nach harten Strafen „Schande für den Fußball“: Bestürzung nach Randale beim BVB

Dortmund (dpa) - Gewalt selbst gegen Kinder, Hassplakate auf der Tribüne - die Ausschreitungen beim Bundesligaspiel zwischen Borussia Dortmund und RB Leipzig sorgen für neue Diskussionen über die Ultraszene und Sicherheitskonzepte im Fußball.

Ruf nach harten Strafen: „Schande für den Fußball“: Bestürzung nach Randale beim BVB
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Entrüstet über die Bilder aus der Revierstadt forderte Bundesinnenminister Thomas de Maizière in der „Bild“-Zeitung harte Konsequenzen: „Die brutalen Szenen lassen einem den Atem stocken. Wer Steine und Getränkekisten auf Polizisten schleudert und dabei nicht mal auf Familien und Kinder Rücksicht nimmt, ist in Wahrheit kein Fußballfan und gehört nicht ins Stadion, sondern hinter Schloss und Riegel.“

Weitere Reaktionen aus Politik und Sport fielen ähnlich drastisch aus. „Was am Samstag vor dem Spiel in Dortmund passiert ist, war eine Schande für den Fußball. Wer Steine und Flaschen auf Frauen und Kinder wirft, hat den Knall nicht gehört und muss bestraft werden“, kommentierte NRW-Innenminister Ralf Jäger. Max Eberl, Sportdirektor bei Borussia Mönchengladbach, sprach von einer „Katastrophe für den Fußball: „Das ist krank. Man kann RB Leipzig mögen oder nicht, aber es muss alles im Rahmen bleiben.“

Reinhard Grindel forderte einen „Aufstand der Anständigen“ in den Kurven. „Angesichts der gewalttätigen Ausschreitungen und massiven Gefährdung von Familien und Kindern außerhalb des Stadions sowie der menschenverachtenden Transparente auf der Tribüne dürfen wir nach der ersten Empörungsrhetorik nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagte der DFB-Präsident. „Wichtig ist jetzt vielmehr eine grundlegende Debatte, an deren Ende eine gemeinsame Linie gegen jede Form physischer und psychischer Gewalt stehen muss.“

Am Montag wurde in Dortmund eine Ermittlungskommission eingerichtet, die sich in den kommenden Wochen ausschließlich mit der Aufarbeitung des Geschehens beschäftigen wird. Nicht nur gegen die Chaoten, die Leipziger Fans vor dem Stadion attackierten, mit Steinen, Flaschen und Dosen bewarfen und dabei sechs Zuschauer und vier Polizisten verletzten, wird ermittelt. Zudem reagiert die Polizei auf die zahlreichen Spruchbänder auf der Südtribüne mit diffamierendem Inhalt und geht dem Anfangsverdacht von Straftaten wie Beleidigungen nach.

Hans-Joachim Watzke verwies auf erste Fortschritte bei der Identifizierung von Übeltätern: „Wir arbeiten mit Hochdruck an der Aufarbeitung und haben das Gefühl, dass wir erste Täter haben ermitteln können. Aber ich bitte noch um etwas Geduld, weil Präzision vor Schnelligkeit geht.“ Der BVB-Geschäftsführer kündigte zudem konsequentes Vorgehen an: „Wir werden alles in unserer Kraft stehende tun, um diesen Dingen ein für alle Mal einen Riegel vorzuschieben.“

Bereits am Samstagabend waren elf mutmaßliche Straftäter aus der Ultraszene des BVB und ein Leipziger vorläufig festgenommen worden. Die Männer sind nach dem Abschluss polizeilicher Maßnahmen inzwischen wieder auf freiem Fuß.

Der Revierclub muss mit Sanktionen durch den DFB rechnen. Schließlich war er bereits nach den Pyro-Vorfällen beim vergangenen Pokal-Endspiel gegen den FC Bayern zu einer Geldstrafe von 75 000 Euro verurteilt worden. Für den Fall, dass es bis zum Ende Bewährungszeit am 31. Mai zu einem schwerwiegenden Wiederholungsfall kommt, hatte das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes schon damals mit einem Heimspiel unter teilweisem Ausschluss der Öffentlichkeit gedroht.

Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, erhob schwere Vorwürfe gegen den BVB. „Das Spiel hätte schon gar nicht angepfiffen werden dürfen, wenn auf einem Schild steht, dass man Pflastersteine auf Polizisten werfen will“, klagte er in der „Bild“, „im Stadion ist es Aufgabe des Vereins, dafür zu sorgen, dass solche Plakate nicht gezeigt werden dürfen.“ Offenbar waren Transparente in Einzelteilen durch die Sicherheitsschleusen geschmuggelt und erst im Stadion zusammengesetzt worden.

Darüber hinaus kritisierten Fanclubs von RB Leipzig das BVB-Sicherheitskonzept. In einer Stellungnahme an DFB, Deutsche Fußball Liga und die Dortmunder schrieb der Fanverband des Aufsteigers: „Wir Fans von RB Leipzig sind seit Jahren Einiges gewohnt, aber was in Dortmund los war, war bisher unerreicht!“. Ein Sicherheitskonzept sei zu „keiner Zeit zu erkennen“ gewesen. Mit Bussen angereiste Besucher seien überfallen, geschlagen und deren Eintrittskarten gestohlen worden.

Zudem wurden aus der Leipziger Anhängerschaft Vorwürfe gegen Watzke laut. Der BVB-Geschäftsführer habe in der Vergangenheit mit wiederholten Verbalattacken gegen das von einem Großsponsor getragenen RB-Konzept zur Emotionalisierung beigetragen.

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