Schalke nach Debakel gegen Real nun zu Bayern

Gelsenkirchen (dpa) - Nach der historischen Pleite gegen die „Königlichen“ aus Madrid droht Schalke 04 gegen den übermächtig erscheinenden deutschen Branchenprimus FC Bayern gleich der nächste K.o.-Schlag.

Schalke nach Debakel gegen Real nun zu Bayern
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„Gegen solch eine Weltklassemannschaft wie Real kann man verlieren, aber nicht mit sechs Toren“, ärgerte sich Trainer Jens Keller nach einer kurzen Nacht noch immer. Das 1:6 gegen das Team des überragenden Weltfußballers Cristiano Ronaldo war im 154. Europapokalspiel die höchste Niederlage der Schalker Clubgeschichte.

Viel Zeit zur Ursachenforschung blieb nicht nach der Heimblamage, die allen Schalkern den Niveauunterschied zu den Besten Europas drastisch vor Augen geführt hatte. Schnell vergessen, hieß die erste Pflicht für den Bundesliga-Vierten - und schaltete Schalke auf Meisterschafts-Betrieb um. Denn das nächste Debakel im Topspiel beim souveränen Tabellenführer Bayern München soll unbedingt vermieden werden. An das Rückspiel im Achtelfinale der Champion League am 18. März mag sowieso niemand einen Gedanken verschwenden.

„Es spricht zwar für die Mannschaft, dass sie den Fans auch bei 0:3 oder 0:4 etwas bieten will und nach vorne spielt. Aber da musst du dichtmachen“, erklärte ein nachdenklicher Chefcoach Keller, warnte aber vor Aktionismus: „Wir haben vier Wochen erfolgreichen und guten Fußball gespielt und wollen jetzt nicht in Panik oder Hektik verfallen.“

Mit den Bayern erwarte man ein „ähnliches Kaliber“ wie Real, betonte Keller, der erneut als Improvisator gefragt ist. Ausgerechnet vor dem Prestigeduell mit dem noch ungeschlagenen Triplesieger vergrößern Kevin-Prince Boateng (muskuläre Beschwerden), Roman Neustädter (Knieprobleme) und Sead Kolasinac (Kieferprellung) das Krankenlager. Bei Felipe Santana wurde ein Muskelfaserriss diagnostiziert, der den Brasilianer mehrere Wochen auf Eis legt.

So wusste Keller nach dem „Scheißspiel“ noch nicht, wen er gegen die Bayern auf das Feld schicken kann. „Es macht auf jeden Fall keinen Sinn, angeschlagene Spieler aufzubieten“, deutete Manager Horst Heldt bereits personelle Änderungen an. „Dann müssen eben andere in die Bresche springen.“

Boateng, der nach einer Stunde passen musste, will nach eigenem Bekunden am Samstag dabei sein. „Ich wurde ausgewechselt, weil ich einen Schmerz in meinem Oberschenkel nach einem Schuss hatte. Ich bin aber zuversichtlich, dass es für einen Einsatz gegen Bayern reicht.“ Auch bei Linksverteidiger Kolasinac besteht Hoffnung, weil sich der Verdacht auf einen Kieferbruch nicht bestätigte. „Aber er hat einen Brummschädel. Wir müssen abwarten“, sagte Heldt.

Sollten Neustädter und Boateng ausfallen, müsste der Coach in München seine komplette Doppelsechs ersetzen. Und wegen der langfristigen Ausfälle der Kreuzbandpatienten Dennis Aogo und Marco Höger gibt es kaum noch Alternativen. Keine guten Voraussetzungen, um in München zu bestehen. „Die Bayern sind noch besser als Real, aber anders“, philosophierte Heldt und erläuterte: „Bei Madrid hatte ich trotz des 1:6 das Gefühl, dass man gegen die Mannschaft Chancen bekommt. Auch wenn wir die wenigen nicht genutzt haben. Aber die Bayern lassen auch hinten nichts zu.“

Heldt mahnte an, „dass wir schnellstens unsere Lehren aus dem Spiel ziehen müssen. Denn wir wollen nicht nach München fahren, um dort nur Schadensbegrenzung zu betreiben. Es geht um Punkte.“ Die harte Prüfung wird zeigen, wie stabil das zuletzt hochgelobte Schalker Teamgebilde tatsächlich ist. Heldt betonte, dass ihm das Abwehrverhalten im Verbund gegen die - zugegeben - überragende Real-Offensive mit den Doppeltorschützen Karim Benzema (13. Minute/57.), 100-Millionen-Euro-Stürmer Gareth Bale (21./69.) und Ronaldo (52./89.) gar nicht gefallen habe.

„Die Erfahrenen müssen sagen, jetzt ziehen wir uns zurück und kriegen nicht noch das fünfte und sechste Tor. Das habe ich nicht gesehen. Und das lässt mich verärgert nach Hause fahren“, monierte der Manager und ergänzte nebulös: „Dafür gibt es Gründe, aber darüber möchte ich nicht sprechen.“ Das sei schon mit dem Trainerteam erörtert worden.

Womöglich ging es auch um den lange verletzten Julian Draxler, mit dessen Einsatz von Beginn an eigentlich niemand gerechnet hatte. Keller verteidigte dessen Nominierung für die Startelf: „Es war richtig. Wir wollten ihn eigentlich nach 60 Minuten rausnehmen, aber dann musste er wegen der Verletzten durchspielen. Julian braucht Spielpraxis, und das war eine zusätzliche Einheit für ihn.“

„Gnadenlos bestraft“ worden sei man für die eigenen Fehler, räumte Draxler ein. Er selbst hatte die größte Chance zum 1:1 aus drei Metern vor dem glänzend parierenden Iker Casillas versiebt. „Den muss ich machen. Am Ende muss man leider von einem Klassenunterschied sprechen.“ Der soll in München nicht so deutlich zutage treten, wie Keller humorvoll erklärte: „Wir haben beim DFB einen Antrag gestellt, ob wir den Mannschaftsbus ins Tor stellen können.“

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