Sahin zurück am Dortmunder Regiepult

Dortmund (dpa) - Endlich wieder zu Hause, endlich wieder dieses berauschende Gefühl. Sichtlich bewegt verharrte Nuri Sahin vor der mächtigen Südtribüne der Dortmunder Fußball-Oper und genoss die Sprechchöre der Fans.

Mit zwei Treffern und einem Assist meldete sich der in Madrid und Liverpool verschmähte Spielmacher beim kuriosen 5:1 (3:1) über den SC Freiburg eindrucksvoll zurück. Sahin nutzte die Gunst der Stunde zu einer Liebeserklärung an die Borussia: „Wie der ganze Verein hinter mir gestanden hat - das passiert nur hier. Ich war in der Bringschuld, ich bin in der Bringschuld.“

Alle Bedenken, ob er nach der wenig erbaulichen Zeit als Reservist bei Real Madrid und dem FC Liverpool jemals wieder zu alter Form finden könnte, waren mit einem Mal verflogen. Erstmals seit langer Zeit spielte der türkische Nationalspieler auf dem Niveau des Meisterjahres 2011. Beim 2:1 (44. Minute) und 4:1 (72.) bewies er Treffsicherheit, zum ersten der beiden Tore von Robert Lewandowski (41./45.+1) leistete er die Vorarbeit. Ähnlich souverän meisterte er den Medienmarathon: „Ich musste heute Leistung bringen. Schließlich war mein Sohn zum ersten Mal im Stadion.“

Nicht nur sein erst eineinhalb Jahre alter Sprössling hatte allen Grund zur Freude. Zwar verzichtete Jürgen Klopp wohlweislich auf Lobeshymnen für den Mittelfeldspieler, schien aber sichtlich erleichtert. „Das ist eine sehr, sehr schöne Geschichte“, kommentierte der BVB-Coach. „Nuri war verunsichert, als er hier ankam. Das ist wie bei jemandem, der gut Klavier spielen kann und sich beide Hände gebrochen hat. Wenn der aus dem Gips kommt, spielt er auch nicht gleich die Ouvertüre.“

Mit viel Zuspruch baute er den verunsicherten Profi wieder auf. Für dieses Vertrauen bedankte sich Sahin auf seine Weise. Der famose Auftritt trug dazu bei, dass der Tabellenzweite seinen Abstand zum Verfolger Leverkusen auf vier Punkte ausbauen konnte. „Für mich war es nach meiner Rückkehr wichtig, den Knoten irgendwann platzen zu lassen. Ich habe auch Fehlpässe geschlagen. Aber das darf ich bei diesem Trainer“, sagte der gefeierte Rückkehrer.

Neben Sahin trumpfte Robert Lewandowski auf. Zum achten Mal in Serie traf der Pole in einem Bundesligaspiel. Damit überbot er den Vereinsrekord von Timo Konietzka aus den 60er Jahren. Darüber hinaus baute er mit seinen Saisontreffern 18 und 19 den Vorsprung in der Bundesliga-Torjägerliste vor dem Leverkusener Stefan Kießling (16) und dem Münchner Mario Mandzukic (15) aus. Aus seinem Stolz machte Lewandowski keinen Hehl: „Ich habe BVB-Geschichte geschrieben.“

Bis zum ersten Tor des Angreifers hatten die Freiburger das Geschehen bestimmt und dank des Treffers von Jonathan Schmid (28.) verdient in Führung gelegen. Doch ein kollektiver Blackout kurz vor der Pause brachte sie vollends aus dem Takt. „Drei Tore in fünf Minuten - Wahnsinn“, kommentierte Klopp.

Diese ungewöhnliche Wende nahm Christian Streich alle Freude an der bis dahin starken Vorstellung seiner Mannschaft. „Das war große Naivität“, klagte der konsternierte Freiburger Coach. Nur eine Woche nach dem 2:5 gegen Wolfsburg kassierte sein Team die nächste deutliche Schlappe und nahm vorerst Abschied aus dem Kreis der Europacup-Anwärter.

Nicht nur der negative sportliche Trend stimmte Streich nachdenklich: „Wir hatten den Vorteil, dass wir am Rande von Deutschland auch fußballerisch nicht so ganz wahrgenommen wurden. Aber mittlerweile sind auch wir durchleuchtet.“ In gewohnt direkter Manier brachte er sein Unbehagen zum Ausdruck: „Meine Spieler werden angeboten wie auf dem Viehmarkt. Ihre Ausstiegsklauseln kann man in der Zeitung lesen - das ist furchtbar“. Zu guter Letzt flüchtete sich der Coach in Sarkasmus: „Wenn wir noch ein paar Mal fünf Tore kriegen, können wir wieder in Ruhe arbeiten.“

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