„Scheiß Kölner“ Rheinisches Derby in Leverkusen birgt Brisanz

Leverkusen (dpa) - Die einen wollen ihrer „verfluchten Saison“ eine versöhnliche Note geben und dem Rivalen die Europa-Feier vermiesen. Die anderen sind fest entschlossen, ihre beste Spielzeit seit mindestens 16 Jahren zu krönen und dem Nachbarn ein Herzschlagfinale zu bescheren.

Das 60. Bundesliga-Derby am vorletzten Spieltag zwischen Bayer Leverkusen und dem 1. FC Köln am Samstag (15.30 Uhr) birgt reichlich Brisanz. Sportlich lässt sich diese nicht abstreiten, emotional versuchen beide Seiten, sie im Rahmen zu halten. Nachdem Routinier Stefan Kießling vor zwei Wochen den protestierenden Fans am Zaun versprochen hatte, die „Scheiß Kölner“ zu schlagen, waren alle Seiten um Deeskalation bemüht. Kießling entschuldigte sich öffentlich und persönlich. Kölns Trainer Peter Stöger war nicht nachtragend: „Wir haben den Satz relativ schnell abgearbeitet. Er war da in einer Stresssituation und hat einen Spruch rausgelassen, den er vor dem Mikro so nicht gesagt hätte. Wir legen das nicht auf die Goldwaage.“

Auch das Spiel selbst will der Trainer des Tabellensiebten nicht überhöhen. Man habe mit der ersten Europacup-Teilnahme seit 25 Jahren einen „großen Traum“ vor Augen: „Da benötigt man nicht die zusätzliche Motivation, dass es ein Derby ist“. Und dass der FC in jedem Fall erstmals seit 21 Jahren vor Bayer landen wird, ist für den Österreicher nach eigener Aussage zweitrangig: „Wenn wir in die Europa League kämen und Leverkusen Fünfter wäre, dürften sie vor uns stehen und wir wären trotzdem sehr, sehr glücklich.“

Traditionalistische FC-Fans behaupten trotzig, Duelle mit der Werkself seien keine Derbys. Und das, obwohl keine zwei anderen Bundesliga-Stadien näher beisammen liegen. Doch weil eben beide gegen kaum einen Club lieber gewinnen und gegen kaum einen so ungern verlieren, kann das Spiel am Samstag die Stimmungslage der Rivalen komplett verändern.

Köln braucht nur einen Zähler, um seinen Punkterekord seit Einführung der Drei-Punkte-Regel 1995 zu brechen. Doch würde der Traum vom Europacup-Comeback ausgerechnet in Leverkusen platzen, säße der Frust tief. Leverkusen hatte nur einmal seit 1995 weniger Punkte am 32. Spieltag, Trainer Tayfun Korkut hat mit 0,8 Punkten pro Spiel nur unwesentlich mehr geholt als der abgeschlagene Tabellen-Letzte aus Darmstadt (0,75). Die Rettung mit einem Derbysieg wäre aber nicht mehr als ein etwas versöhnlicher Heim-Abschluss.

Die Bayer-Fans sind nach der Parkplatz-Blockade nach dem 1:4 gegen Schalke umgeschwenkt und wollen den abgestürzten Europacup-Stammgast im Kampf um den Klassenverbleib bedingungslos unterstützen. Sogar ein „Motivationsspalier“ bei der Ankunft des Mannschaftsbusses ist geplant, und der komplette Heimbereich soll durch spezielle T-Shirts eine rote Wand sein. Das Vereinsmotto für die Partie lautet offiziell: „Noch nie so wichtig: Derbysieg.“

Ein Sieg würde die sichere Rettung bedeuten und für große Erlösung sorgen. Dennoch steht bei Bayer nach der Saison eine harte Analyse an. Sportchef Rudi Völler sprach schon des Öfteren von einer „verfluchten Saison“ und erklärte dieser Tage, man habe „nicht vieles richtig gemacht. Es geht jetzt um Schadensbegrenzung. Und im Sommer werden wir dann Dinge korrigieren. Alles wird hinterfragt.“

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