Rehhagel schon fertig - Hertha vor Entscheidungstag

Berlin (dpa) - Hertha BSC lässt bei der Schicksalsfrage um die künftige Klassenzugehörigkeit die Mitglieder zu Wort kommen. Bei der ohnehin hochbrisanten Vereinsversammlung am Dienstag in Berlin werden die Verantwortlichen erst noch die Stimmung unter den Fans ausloten.

Erst danach will man über einen erneuten Einspruch gegen die Wertung des chaotischen Relegationsrückspiels bei Fortuna Düsseldorf entscheiden.

Für Coach Otto Rehhagel steht schon vorher fest: „Für Hertha beginnt jetzt eine neue Zeitrechnung“, sagte der Fußball-Trainer in einem Interview der „Bild am Sonntag“: „Ohne Otto Rehhagel.“ Der 73-Jährige suchte nach seinem gescheiterten Kurzzeit-Engagement von Ende Februar an auch nicht nach Ausreden. „Der Abstieg ist auf dem Platz geschehen“, sagte Rehhagel.

Nun aber droht wegen der umstrittenen 93 Sekunden aus dem Chaosspiel vom 15. Mai unter Umständen die dritte juristische Nachspielzeit - Ende offen. Berlins Präsident Werner Gegenbauer kündigte Beratungen an, ob das Ständige Schiedsgericht als nächsthöhere Rechtsinstanz angerufen werden soll. Dafür hat Hertha laut Lizenzierungsordnung des Ligaverbands mindestens bis Ende dieser Woche Zeit.

Da kommt die Mitgliederversammlung wohl gerade recht, die Gemütslage bei den Fans auszuloten. So könnte man sich auch künftiger Kritik entziehen, nicht im Sinne des Vereins entschieden zu haben. „Wir können doch nicht am Dienstag eine Mitgliederversammlung machen und dann darüber hinweg gehen“, hatte folgerichtig Gegenbauer zum derzeitigen Fußball-Dauerthema um Auf- und Abstieg in und aus der Bundesliga gesagt. Es gehe darum, ein „Stimmungsbild“ der Mitglieder zu gewinnen, kündigte Clubsprecher Peter Bohmbach am Pfingstwochenende an.

Der Hauptstadtclub könnte mit einem erneuten Veto und dem damit verbundenen Gang vor das Ständige Schiedsgericht den Sturz in die Zweitklassigkeit vielleicht noch abwenden. Das Bundesgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hatte am vergangenen Freitag nach einer Marathonsitzung den Protest gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Sportgerichts abgeschmettert.

Auch Rehhagel hatte in Frankfurt/Main ausgesagt. „Ich fühlte mich total unwohl. Das war nicht meine Welt. Ich habe das nur im Sinne der Hertha gemacht“, gab Rehhagel nun zu.

Denn die Sorgen der Berliner sind ohnehin schon groß. Rund 35 Millionen Euro Schulden sollen die Hertha belasten, dazu kamen sportlicher Misserfolg, Negativschlagzeilen um die possenhaft wirkende Entlassung von Markus Babbel sowie das vollkommen misslungene Kurzengagement von Michael Skibbe. Und auch der Rehhagel-Plan ging nicht auf.

Der sportliche Manager Michael Preetz, immer noch erfolgreichster Torjäger bei Hertha, traf nicht mehr ins Schwarze. „Ich habe zu jeder Zeit die Rückendeckung gespürt“, betonte Preetz aber bereits mit Blick auf den mächtigen Vereinschef Gegenbauer. Auch der formulierte schon eine klare Kampfansage an seine Gegner und Kritiker: „Sie fordern mich zum Rücktritt auf, dieser Aufforderung werde ich nicht nachkommen.“

Zur Ruhe kann aber auch Fortuna Düsseldorf nicht kommen. Für die Spieler besteht weiterhin eine interne Urlaubssperre. Auch sie wollen erst die Mitgliederversammlung der Berliner abwarten. Bis Mittwoch sind die Profis vom Training befreit, dann wird die Fortuna neu entscheiden, wie es weitergeht.

Nach dem Urteil des Bundesgerichts herrschte zunächst aber Erleichterung bei den Rheinländern. „Ich bin froh und glücklich über diese Entscheidung“, sagte Finanzvorstand Paul Jäger nach der mehr als zehnstündigen Verhandlung. „Von heute an fühle ich mich wie ein Bundesligist.“ Auch sein weiterer Gemütszustand hängt nun erstmal von den Hertha-Mitgliedern ab.

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