Magaths einmaliger Kaufrausch gegen den Ligatrend

Hannover (dpa) - Für Felix Magath war sein Kaufrausch alternativlos. Mit seiner umstrittenen Transferpolitik - acht neue Spieler für zusammen 29 Millionen Euro - handelt der Coach des VfL Wolfsburg wieder einmal gegen den Trend der Fußball-Bundesliga.

Nur Platz zwölf nach der Hinrunde für den Meister von 2009 - das ist zu wenig für das Selbstverständnis von Club-Eigner Volkswagen. Magath will in der Rückrunde noch einmal angreifen. „Jetzt haben wir die Qualität noch einmal gesteigert. Deshalb bin ich auch sicher, dass wir uns nach vorn arbeiten werden“, sagte der VfL-Trainer und -Manager vor dem Rückrundenstart der Wolfsburger am Samstag gegen den 1. FC Köln.

Die Erstligisten verfolgen bei den Winter-Einkäufen für die zweite Halbserie drei Strategien: Die große Shopping-Tour der Wolfsburger, die Feinoptimierung von zehn anderen Clubs und die gänzliche Zurückhaltung der restlichen Vereine. Insgesamt gaben die Erstligisten bisher 40,2 Millionen Euro aus. Nicht mit eingerechnet ist der spektakuläre Wechsel von Gladbachs Marco Reus, der erst im Sommer für 17,1 Millionen Euro nach Dortmund wechselt.

Meister BVB ist einer von sieben Clubs, die zumindest im Winter niemanden dazu holten. „Das ist die angenehmste Situation: Es ist schön, wenn du nichts machen musst“, sagte auch Hertha-Manager Michael Preetz, dessen neuer Trainer Michael Skibbe mit dem vorhandenen Personal zufrieden ist.

Magath steht mit seinem Personalwechsel ziemlich allein da. Die übrigen Bundesligisten verpflichteten zusammen bisher 20 Spieler für gerade einmal 11,2 Millionen Euro - nur etwas mehr als ein Drittel des Wolfsburger Transfervolumens. Von den gut elf Millionen entfielen allein 7,5 Millionen Euro auf Bayer Leverkusens Torhüter Bernd Leno, der als bisherige Leihgabe vom VfB Stuttgart nun endgültig Rheinländer bleibt.

Auch wenn Magath alleine fast das Dreifache der übrigen Clubs investierte - VW steht fest hinter der „hire-and-fire“-Politik. „Das, was man Magath anheftet - er würde das Geld von VW rausschmeißen - kann man so nicht stehen lassen, weil es unfair ist“, sagte VW-Vorstand und VfL-Aufsichtsratsboss Francisco Garcia Sanz. „Magath hat junge Leute geholt mit überschaubaren Ablösesummen.“

Fakt ist: Mit den Sommertransfers verpflichtete Magath in dieser Saison bislang 20 Feldspieler. Dazu stattete er fünf Jugendspieler mit Profiverträgen aus. Dies ist ein kompletter Profikader in nur einer Spielzeit - für zusammen etwa 50 Millionen Euro. 1,3 Millionen Euro mehr und drei Reus-Transfers wären dafür drin gewesen.

Fakt ist auch: Von den zwölf Spielern, die im Sommer kamen, spielen Srdjan Lakic, Mateusz Klich, Sotirios Kyrgiakos und Hrvoje Cale schon keine Rolle mehr und stehen wieder zum Verkauf. Alexander Hleb (Ausleihe nicht verlängert) ist schon weg. Noch aber sind - zumindest offiziell - 41 Spieler im Kader. Da verliert selbst VW-Chef Martin Winterkorn den Überblick: „Ich tue mich schwer, mir alle Namen zu merken, aber ich weiß, wer woher kommt.“

Solch eine Personalrochade birgt auch Gefahr. Unvergessen ist die Saison 2004/2005 als Borussia Mönchengladbach unter Trainer Dick Advocaat und Manager Christian Hochstätter sieben neue Spieler im Winter holte. Spötter sprachen damals vom „Kaufhaus des Westens“, die Borussia rettete sich am Ende nur knapp vor dem Abstieg.

Es gibt indes durchaus Argumente, dass es bei Magath anders läuft. Oft waren seine Teams in der Rückrunde besser als in der Hinserie. Zudem machte Magath die Transfers diesmal früh fix und nahm alle Neuen bereits mit ins Trainingslager in Dubai. Im Sommer kam der Großteil erst spät, als die Saison bereits begonnen hatte. Die Integration war da schwierig. „Das macht alles schon einen stabileren und homogeneren Eindruck“, sagte Magath nun.

Magath hat sich den Ruf als Chefeinkäufer der Fußball-Bundesliga nicht umsonst erworben. Seit dem Beginn seiner ersten Amtszeit beim VfL Wolfsburg im Juni 2007 verpflichtete der Trainer und Manager bei beiden Clubs insgesamt 97 Spieler für 158,1 Millionen Euro. Unter Magaths Ägide wanderten 83 Akteure für 44,42 Millionen Euro ab.

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