Magath in Wolfsburg gescheitert - Köstner übernimmt

Wolfsburg (dpa) - Die einstige Traumehe endete im Desaster. 1251 Tage nachdem Felix Magath den VfL Wolfsburg als Meistermacher zum ersten Mal verlassen hatte, brauste der frühere VW-Liebling erneut vom Vereinsgelände.

Diesmal fuhr Magath als beurlaubter Coach des Tabellenletzten wortlos von dannen.

Kurz darauf war im ersten Training unter dem neuen Interimscoach Lorenz-Günther Köstner die Erlösung des endlich engagierten Kaders mit jeder Grätsche zu spüren.

Magath selbst wandte sich erst via Facebook an seine Fans. „Für Eure Begleitung und Unterstützung bin ich sehr dankbar“, schrieb der Geschasste im Internet. Dabei hatte sich die Stimmung in der Autostadt längst gegen den Meistercoach von 2009 gewendet. „Wir sind nach vier, fünf Tagen intensiver Analyse gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, dass es für den Verein besser ist, sich zu trennen“, erklärte Aufsichtsratschef Francisco Javier Garcia Sanz.

Demnach soll Magath selbst eine Trennung vorgeschlagen haben. „Er wollte nicht, dass der Verein weiter in Mitleidenschaft gezogen wird“, sagte Garcia Sanz. Es schien, als hätte Magath den zweiten Abgang gar nicht mehr erwarten können. Möglicherweise hatte der 59-Jährige gespürt, dass er beim hoch ambitionierten, aber seit 2009 chronisch erfolglosen VfL trotz großer Investitionen nichts mehr bewirken konnte.

Wie zum Beweis grätschten und sprinteten die zuletzt lustlosen Profis nach einer kurzen Ansprache Köstners am Donnerstagabend auf einmal um die Wette. Besonders engagiert waren Spieler wie Zwölf-Millionen-Mann Simon Kjaer, auf den Magath längst nicht mehr gezählt hatte. „Die Mannschaft braucht Hilfe. Die wird sie auch bekommen“, versicherte Köstner nach seinem ersten Training.

Volkswagen-Chef Martin Winterkorn hatte Magath am 18. März 2011 - kurz nach dessen Trennung von Schalke 04 im Unfrieden - im Alleingang und in höchster Abstiegsnot zum VfL zurückgeholt. Nun ließ er Magath fallen. Dass die Trennung erst zwei Tage vor dem Auswärtsspiel am Samstag bei Fortuna Düsseldorf vollzogen wurde, lag wohl an einer Geschäftsreise Winterkorns, von der der mächtige VW-Boss erst am Mittwoch zurück gekehrt war.

Einen Tag darauf soll sich der Spielerrat des von ständigen Personalwechseln völlig verunsicherten Teams gegen Magath ausgesprochen haben. Garcia Sanz bekräftigte allerdings, dass „einzig der Tabellenstand“ nach zuletzt vier Niederlagen und 0:10 Toren zur Trennung geführt habe. „Die Mannschaft war vorher in der Pflicht, und sie ist jetzt in der Pflicht.“

Das Team hatte Magath seit seinem zweiten Amtsantritt vor 19 Monaten in drei Transferperioden für rund 71 Millionen Euro umgebaut. Ohne Erfolg - von den 26 extern verpflichteten Spielern sind 8 schon nicht mehr da, ein Großteil spielte zudem zuletzt keine Rolle mehr. Spieler wie Kapitän Diego Benaglio gaben die Verunsicherung unumwunden zu. Noch im Sommer war VW davon überzeugt, beim VfL den nach Bayern München und Borussia Dortmund besten Bundesliga-Kader und das Zeug für die Champions League zu haben. Nach acht Spieltagen ist der VfL dagegen zum ersten Mal seit 2006 wieder Bundesliga-Letzter.

Wie schon 2010, als Köstner den VfL nach der damaligen Beurlaubung von Armin Veh schon einmal für ein knappes halbes Jahr übernommen hatte, soll der 60-Jährige die Niedersachsen nun wieder stabilisieren. „Ich habe nicht gefragt: "Wie lange?" oder "Wer war noch im Gespräch?" Ich mache es für den Verein und will helfen“, sagte Köstner. Als der Amateurcoach gegen 16.07 Uhr auf das nasskalte Trainingsgelände schritt, gab es spontan Applaus. Die Fans hatten Köstner schon zuletzt beim 0:2 gegen Freiburg lautstark gefordert.

Im Training gab Köstner anders als der oft stoische Magath immer wieder Anweisungen und sprach viel mit den Spielern. Der von Magath zuletzt auf die Bank verbannte Mittelfeldstar Diego dürfte am Samstag bei der Fortuna wieder von Beginn an spielen. Auffällig war auch, dass der von Magath arg gescholtene und danach drei Tage lang als krank gemeldete Naldo wieder munter mitmischte.

Ob Köstner möglicherweise dauerhaft eine Chance bekommt, ist eher unwahrscheinlich. „Dafür ist es jetzt noch zu früh“, sagte Garcia Sanz. Bei VW muss man sich nun erst einmal Gedanken machen, wie es nach dem Aus von Magath nun weitergeht. Immerhin war der 59-Jährige im sportlichen Bereich als Trainer, Manager und Geschäftsführer der alleinige Macher. Nach Angaben von „Bild.de“ sind Christian Nerlinger, Christian Hochstätter und Dietmar Beiersdorfer als künftiger Manager im Gespräch.

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