Liga-Chef und Hoeneß stellen sich gegen Zwanziger

Berlin (dpa) - Der Dauerstreit zwischen Uli Hoeneß und Theo Zwanziger droht zu eskalieren - und jetzt geht auch der Liga-Chef deutlich auf Distanz zum ehemaligen DFB-Präsidenten und Buchautoren.

„Wir haben gerade im Ligavorstand darüber gesprochen und missbilligen, dass Theo Zwanziger wichtige Interna herausgegeben hat“, erklärte Reinhard Rauball, Präsident des Ligaverbandes, in Richtung Zwanziger. Die Risse scheinen kaum noch zu kitten.

Bayern-Präsident Hoeneß hielt sich auf der Jahreshauptversammlung des Münchner Clubs in der Nacht zum Freitag mit weiteren scharfen verbalen Attacken zu Zwanzigers Autobiografie und dessen weiteren Kommentaren zwar zurück. Der Chef des deutschen Rekordmeisters bemerkte aber genervt: „Mein Geduldsfaden ist so angespannt wie lange nicht. Und es braucht nicht mehr viel, bis er reißt.“

Offenbar hat Zwanziger, der als Präsident von 2004 bis Anfang diesen Jahres mit harter Hand nach innen und politischem Gespür nach außen den DFB geführt hatte, die preisgegebenen Inhalte seines Buches „Die Zwanziger Jahre“ unterschätzt. „Indiskretionen, Abrechnungsbuch - was ist da alles für Quatsch geschrieben worden“, hatte der 67-Jährige bei der Präsentation sein Werk gegen Kritiken verteidigt. „Es wird über etwas geredet, was den wahren Sachverhalt nicht wiedergibt“, betonte Zwanziger kämpferisch und zugleich amüsiert.

Die im Zwanziger-Buch beschriebenen Protagonisten wie Hoeneß, Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann, Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff und auch Entscheidungsträger wie DFB-Präsidenten-Nachfolger Wolfgang Niersbach und Rauball sind enttäuscht. „Wir müssen deutlich die Frage stellen, ob das für einen ehemaligen DFB-Präsidenten und ein noch aktives Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees angemessen ist“, sagte der Liga-Chef in einem Interview mit der „Welt“.

Besonders Zwanzigers kritische Auslassungen am Besuch einer DFB-Delegation im nationalsozialistischen Vernichtungslager Auschwitz kurz vor der EM in diesem Sommer sorgten bei Rauball für Entrüstung. „Dieser Besuch ist intensiv vorbereitet worden. Ich war selbst zum ersten Mal dort und persönlich sehr betroffen wie alle Mitglieder der Delegation - gleichgültig, ob Offizielle, Spieler oder Trainer. Nun dieser Aktion die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit abzusprechen, ist in keiner Weise nachvollziehbar“, erklärte Rauball.

Bei der Buch-Premiere hatte Zwanziger unterstrichen: „Es darf keine Pflichtübung sein, es muss ein Wollen sein.“ Wenn der DFB vor der Europameisterschaft Auschwitz besucht hat, so hätte er auch in der Ukraine ein Zeichen setzen müssen. „Wir müssen dorthin gehen, wo Menschenrechte verletzt werden“, bemerkte Zwanziger: Ein Besuch in Babi Jar bei Kiew, wo im September 1941 vor allem jüdische Kinder, Frauen und schwache Alte von einem deutschen SS-Kommando ermordet worden waren, wäre so ein Zeichen gewesen.

Zwanziger hatte bei der Buch-Präsentation erneut auch die Verdienste des Bayern-Präsidenten herausgestellt, jedoch ironisch angefügt: Hoeneß sei ein Mensch, „der sehr zurückhaltend mit anderen Menschen umgeht. Man hört selten etwas von ihm über einen anderen. Er lobt nur.“ In seinem Buch hatte Zwanziger Hoeneß wegen dessen Ansichten zum Frauenfußball und einer „bitterbösen Schelte“ über die WM in Südafrika kritisiert: „Er hat seine Philosophie des Provozierens mit ins Präsidentenamt genommen.“

„Ich muss mich Tag für Tag zusammennehmen, um diese Kommentare zu akzeptieren“, sagte nun Hoeneß zu Zwanziger und Louis van Gaal, der dem Bayern-Chef mangelnde Unterstützung in seiner Zeit als Bayern-Coach vorgeworfen hatte. In Sport1 ergänzte Bruder Dieter Hoeneß: „Ich kann darüber nur den Kopf schütteln und verstehe Theo Zwanziger überhaupt nicht - was soll das? Eigentlich ist er ein intelligenter Mensch, das Buch beschädigt ihn nur.“ Er habe sich in den vergangenen Wochen sehr zusammennehmen müssen, sagte der wiedergewählte FCB-Präsident Hoeneß: „Aber ich hatte keine Lust, die Ruhe, die zurzeit beim FC Bayern herrscht, durch meine Attacken zu beschädigen oder zu stören.“

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