Liga-Check 17/18 Lust und Frust bei Hannover 96

Der Aufsteiger ist nach einem Jahr 2. Liga zurück. In dieser Saison will Präsident Kind die ganze Macht.

Liga-Check 17/18: Lust und Frust bei Hannover 96
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Hannover. Als „alternativlos“ bezeichnete Präsident Martin Kind den sofortigen Wiederaufstieg, nachdem Hannover 96 am Ende der Saison 2015/16 als Tabellenletzter in die 2. Bundesliga abgestürzt war. Der Druck war groß, die verjüngte Mannschaft von Trainer André Breitenreiter hielt ihm stand. Daniel Stendel, der in der Rückrunde entlassen wurde, ist das Opfer, das auf dem Weg abhanden gekommen ist.

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„Es gibt meiner Meinung nach keine Mannschaft, die man schon von Anfang an auf den Abstiegsplatz setzen kann“, sagt 96-Coach Andre Breitenreiter. Die Buchmacher sehen das anders. Bei Wettanbieter Mybet steht Hannover mit Mainz auf dem letzten Platz, wenn es um die Quote für den Titelgewinn geht. Wer 100 Euro auf die Niedersachsen setzt, bekäme im Fall des Falles bei einer Quote von 750 satte 75 000 Euro zurück. Mitaufsteiger VfB Stuttgart (Quote 250) wird deutlich mehr zugetraut. Immerhin lässt sich mit Hannover Geld verdienen — im Gegensatz zu Bayern. Wer 100 Euro auf den Rekordmeister setzt, bekommt gerade mal 14 Euro Gewinn ausgezahlt. Zwei Stadionwürste und zwei Bier — dann ist das Geld schon weg.

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Heimstärke und Abwehrstärke. In der vergangenen Saison glänzten die Niedersachsen mit der besten Heimbilanz und den wenigsten Gegentoren der 2. Liga. Zum Rundenausklang gab es sechs Zu-Null-Heimerfolge in Serie. Darauf lässt sich aufbauen.

Hannovers Trainer wirkt bisweilen wie der Gegenentwurf zu den Asketen und Ernährungsdogmatikern, die in den vergangenen Jahren die Liga eroberten. Spieler, die Nutella zum Frühstück essen oder gelegentlich eine Zigarette rauchen? „Das juckt mich nicht. Da bin ich völlig entspannt und gelassen“, sagt Breitenreiter. Auch Cola ist nicht verboten. Aber die Freiheit hat Grenzen: „Die Spieler können ja mal zwei Flaschen Cola am Abend vor einem Spiel trinken. Dann sehen sie ja, ob sie damit marschieren können“, warnt der Coach und setzt auch schon mal Testspiele über 120 Minuten an. Da können Alle Sünder ihren Fitnesszustand überprüfen.

Richtig ist, dass Hannover noch einen Stürmer sucht. Falsch ist laut Horst Heldt, dass Lassoga ein Kandidat sei. Der 96-Manager hatte das Gerücht um den Angreifer, den der Hamburger SV gerne los wäre, ein paar Tage auf niedriger Flamme köcheln lassen. Dann dementierte er: „Nichts dran.“ Dabei hätte sich Lassoga, der weltlichen Genüssen abseits des Platzes nicht abgeneigt scheint, bei Nutella, Cola und Zigaretten in Hannover sicher wohl gefühlt. Jetzt soll Anthony Ujah kommen. Aus China. Im Winter. Wahrscheinlich.

Dass die 96er schon fünf Wochen vor dem Saisonstart 22 000 Dauerkarten verkauft hatten — so viel wie in ihrer letzten Bundesliga-Saison — spricht für Unterstützung von den Rängen. Doch ausgerechnet im Aufstiegsjahr droht ein Stimmungsboykott, wie ihn die Ultras in der Saison 2014/15 schon praktizierten. Zwischen Club-Boss Martin Kind und den Hardcore-Anhängern verläuft ein tiefer Graben. Kinds Basta-Politik erinnert an den 96-Aufsichtsratschef und Altkanzler Gerhard Schröder. Im Herbst will der starke Mann endgültig die ganze Macht im Verein an sich reißen. Dann ist er 20 Jahre Präsident, kann mit dem Segen der DFL die 50+1-Regel umgehen und die Mehrheit des Clubs übernehmen. Es wird bereits mit harten Bandagen gekämpft. Jüngst lehnte der Verein das Aufnahmegesuchen von 119 neuen Mitgliedern ab. „Im Interesse des Vereins“, wie Kind wortkarg verlauten ließ. Die Antragssteller wurden allesamt der Opposition zugerechnet.

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