Liga-Check 16/17 Ach, Hertha (BSC), warum immer diese Zweifel

Berlin. Hach, was waren das magische Nächte. Damals, im Herbst 1999. Hertha BSC in der Champions League, ein 1:0-Sieg gegen den AC Mailand, ein 1:1 gegen den FC Barcelona in so dicken Nebelschwaden, dass die meisten Fans nur wenig sahen vom Geschehen auf dem Rasen, aber trotzdem inbrünstig sangen: „Nur nach Hause, nur nach Hause, nur nach Hause geh’n wir nicht.“ Ja, Berlin fühlte sich damals wie der Nebel, pardon, der Nabel der Fußballwelt.

Hertha-Trainer Pal Dardai : "Wir können mit Druck nicht umgehen."

Hertha-Trainer Pal Dardai : "Wir können mit Druck nicht umgehen."

Foto: dpa

Mehreren guten Jahren folgten dann ab 2010 Fahrstuhlsaisons und nach der vergangenen Spielzeit war endlich mal wieder eine Qualifikation für Europas Bühne in Aussicht. Die Eintrittskarte hierzu konnte jetzt aber nicht gelöst werden, in der Qualifikation beendete Bröndby Kopenhagen (3:1, 0:1) alle Berliner Ambitionen.

War der K.o. gegen Kopenhagen ein Ausrutscher oder ist er die Fortsetzung der Negativserie zum Ende der vergangenen Saison?

Der „Berliner Kurier“ konstatierte ernüchtert: „Den Fans von Hertha BSC wurde die Vorfreude auf die neue Saison erst mal versaut.“ Der Zweifel ist wieder Wegbegleiter der Hertha-Gemeinde geworden. Schon wird unter den Kiebitzen beim Training gemurmelt, dass die Blauweißen nach der 0:5-Klatsche in Mönchengladbach am 3. April kein einziges Bundesligaspiel mehr gewonnen hatten. Und Trainer Pal Dardai will festgestellt haben: „Wie es aussieht, schleppen das die Spieler mit sich herum. Wir können mit Druck nicht umgehen.“

Versauen die Zweifel die Stimmung?

Das nun nicht, zumal ja gerade Pal Dardai eher zu den Optimisten der Branche gehört, der gar die Gabe besitzt, ein sportliches Negativereignis ratzfatz bei einem Wildschweinbraten und einem Glas Rotwein hinter sich zu lassen. Ungeachtet dessen ist der Ungar auch ein Freund des klar gesprochenen Wortes. Nach der starken Hinrunde in der Vorsaison hätten einige Kicker etwas die Bodenhaftung verloren — vor allem junge Spieler wie Mitchell Weiser, Marvin Plattenhardt, Niklas Stark und John Brooks. „Da dachten einige, sie sind ganz Große“, sagt Dardai im Rückblick. Das frühe Ende der europäischen Träume könnte als rechtzeitiger Warnschuss auch eine gute Wirkung haben, glaubt (oder hofft) der Trainer.

Hat Pal Dardai schon eine Wunschformation gefunden?

Im Kopf vielleicht, auf dem Rasen noch nicht. Das hat mehrere Gründe. Zum einen sind die Neuzugänge erst spät dazu gestoßen. Der Slowake Ondrej Duda durfte nach der EM ebenso wie der Tscheche Vladimir Darida länger urlauben, und den 19-jährigen Brasilianer Allan hat die Hertha erst vor wenigen Tagen vom FC Liverpool ausgeliehen. Zum anderen haben einige der erfahrenen Profis gesundheitliche Wehwehchen, die ihnen immerhin so zu schaffen machen, dass sie gegen Kopenhagen nicht als Führungsspieler auftraten. Dardais Ansage „Jetzt können sich andere zeigen, dann sind die bisherigen Stammspieler erst mal draußen.“ Nächste Chance: Am Samstag kreuzt der SSC Neapel im Berliner Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark auf.

Wo soll’s hingehen für Hertha BSC?

Von Europa spricht derzeit niemand mehr, allein schon, um keinen Druck aufzubauen. Aber ein klar einstelliger Tabellenplatz soll es schon sein. Die zweifelnden Fans hoffen deshalb vor allem, dass die stark besetzte Offensive mit Vedad Ibisevic, dem wieder genesenen Julian Schieber, dem zuletzt starken Genki Haraguchi und natürlich Salomon Kalou (31) für Sturm und Drang sorgt. Der ivorische Star, der in der vergangenen Saison 14 Tore erzielte, musste jetzt allerdings erst mal die Vorbereitung unterbrechen — aus traurigem Grund. Wegen des Todes eines Familienmitgliedes flog der Ivorer für unbestimmte Zeit in seine Heimat.

Und noch eine Quizfrage: Warum heißt Hertha BSC eigentlich Hertha BSC?

Falsch, mit einem Mädel hat das nichts zu tun. Am 25. Juli 1892 saßen auf einer Parkbank im Berliner Wedding die beiden 16- und 17-jährigen Brüderpaare Fritz und Max Lindner sowie Otto und Willi Lorenz zusammen und beschlossen, einen Fußballverein zu gründen. Man einigte sich auf den Namen Hertha, benannt nach einem schicken Dampfer, den der Vater der Lindner-Brüder über die Havel manövrierte. Die Farben der Reederei auf dem Schornstein waren blau und weiß. Willkommen Hertha BSC!

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