Keine Krönung fürs Bayern-Ego - Weidenfeller mutig

München (dpa) - Das 1:1 im Spitzenspiel hilft den Bayern mehr als Dortmund. Trotzdem „nervt“ es den Herbstmeister, wieder nicht gegen den Rivalen gewonnen zu haben. Ein Trauma? „Käse“, poltert Hoeneß.

BVB-Chef Watzke schreibt den Titel ab - Super-Torwart Weidenfeller wird kühn.

Uli Hoeneß konnte seine innere Zerrissenheit nicht verbergen. Es brodelte im Bayern-Oberhaupt. Klar, nach dem erst nach zähem Anlauf rasanten 1:1 (0:0) im Bundesliga-Topspiel gegen Borussia Dortmund kann Herbstmeister FC Bayern im Gegensatz zum Noch-Champion weiterhin mit Hochgenuss auf die Tabelle blicken. Aber das Münchner Ego wurde nicht mit dem ersehnten Sieg über den Rivalen befriedigt, was Spielverderber Roman Weidenfeller intensiv auskostete. „Bayern München hat es wieder nicht geschafft, uns zu schlagen“, lästerte der Torhüter, der dies am Ende im Alleingang bewerkstelligt hatte.

„Was Weidenfeller die letzte Viertelstunde gehalten hat, war allererste Sahne“, stöhnte Hoeneß, der fast explodierte, als er in den Katakomben auf einen Münchner BVB-Komplex angesprochen wurde. „Ich kann mit so einem Käse wie Trauma-Bewältigung nichts anfangen. Das muss man beim Psychiater machen“, raunzte das Vereinsoberhaupt ins ZDF-Mikro und schilderte danach seine Sicht der Dinge: „Wir haben die elf Punkte Vorsprung nach wie vor.“ Die könne man „eigentlich nicht“ verspielen - und überhaupt: Das Ende der schwarzen Serie gegen den BVB sei nur eine Frage der Zeit, verkündete Bayerns Abteilung Attacke: „Ich denke, dass wir sie jetzt die nächsten Jahre wieder zur Weißglut bringen. Die Voraussetzungen sind ja alle ganz gut.“

Auch am Samstagabend war das so - zum ersten Bayern-Sieg nach vier Liga-Pleiten in Serie und der 2:5-Demütigung im DFB-Pokalfinale 2012 langte es aber trotz des genialen Führungstores von Toni Kroos (67. Minute) wieder nicht. Dortmund schlug durch Mario Götze eiskalt nach einem Eckball zurück, bei dem der zugeteilte Bewacher Kroos unachtsam war (74.).

Und dann kamen Weidenfellers Weltklasse-Aktionen - erst gegen Kroos, dann gegen Thomas Müller, schließlich beim Kopfball von Javi Martínez. „Roman hat uns alleine im Spiel gehalten“, lobte Trainer Jürgen Klopp. Nationalmannschaftsreif, urteilte Bayern-Coach Jupp Heynckes. „Ich weiß nicht, was der Junge noch machen muss, um mal international zu spielen“, sagte er über den von Bundestrainer Joachim Löw seit Jahren verschmähten Meister-Torwart des BVB.

Torschütze Götze und Torverhinderer Weidenfeller - sie verdarben den Bayern in einem erstaunlich fairen Spitzenspiel, das sehr unterkühlt begann und in dem beide Teams erst nach der Pause richtig heiß liefen, die Krönung ihrer Turbo-Herbstmeisterschaft. „Es nervt, wenn man gegen Dortmund nicht gewinnt“, gab Bastian Schweinsteiger zu. Bitterer als das aber war für den Rekordmeister der „Schock“ (Heynckes) der schweren Verletzung von Nationalspieler Holger Badstuber, der sich bei einer Abwehraktion ohne Fremdeinwirkung einen Kreuzbandriss im rechten Knie zuzog. „Ich glaube, das ist viel, viel schlimmer, wenn ein Spieler für mehrere Monate ausfällt“, kommentierte Kapitän Philipp Lahm.

Ansonsten eröffnete das 1:1 jedem den Interpretationsspielraum, den er für sich auswählen wollte. „Für die Außendarstellung wäre ein Sieg schön gewesen“, haderte der verhinderte Siegtorschütze Müller: „Aber wenn wir Meister werden, ist es mir wurscht. Dann können wir von mir aus auch das Rückspiel wieder unentschieden spielen.“ Tabellarisch ist ja alles im Lot „nach einem Duell auf Augenhöhe“, wie Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge die Kraftprobe bewertete. „Acht Punkte vor Leverkusen, elf vor Dortmund - die Ausgangsposition ist weiter hervorragend“, meinte der schwach spielende Schweinsteiger.

„Hier einen Punkt zu holen, in der Phase, die Bayern hat, ist ganz zufriedenstellend“, erklärte Dortmunds Torschütze Götze irgendwie hin- und hergerissen. Auch BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watze verbuchte den in der ausverkauften Allianz Arena entführten Punkt als „Erfolgserlebnis“, auch wenn der Rückstand auf die Bayern konstant blieb und der auf Leverkusen auf drei Zähler anwuchs.

Den Titel-Hattrick hat Watzke ohnehin nicht mehr auf dem Radar. „Die Bayern werden dieses Jahr wahrscheinlich nicht zu stoppen sein. Sollten sie nochmal in ein Leistungstief fallen, wird es vielleicht nochmal spannender. Aber das ist nicht zu erwarten“, meinte Watzke.

Energisch Einspruch legte gegen diese These nur einer ein - Roman Weidenfeller: „Die Meisterschaft ist komplett offen“, verkündete der Mann des Spitzenspiels in bester Münchner Mia-san-mia-Art: „Wir haben die ganze Rückrunde Zeit, um Punkte aufzuholen. Denn wir haben das Zeug dazu!“

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