Jupp Heynckes: Tränen in der Heimat

Jupp Heynckes verlässt die Bühne Bundesliga nach 1011 Spielen — doch noch warten zwei große Endspiele auf ihn.

Mönchengladbach. Aus Erfahrung gut — dieser Slogan hat selten besser gepasst im Fußball als in seinem Fall. Jupp Heynckes ist mit 68 Jahren als ältester Trainer von der Bühne Bundesliga abgetreten. Mit einem Sieg seiner Bayern. Wie sollte es auch anders sein in dieser Spielzeit, in der seine Meister-Mannschaft Rekorde en masse produzierte. Auch das 4:3 gegen Borussia barg eine Bestmarke. Drei Gegentore nach zehn Minuten kannten diese Bayern, die in 16 Auswärtsspielen zuvor nur insgesamt vier Treffer kassiert hatten, in 50 Jahren Bundesliga noch nicht. „Ich hatte das Gefühl, dass die Mannschaft da noch bei der Meisterfeier ist“, sagte Heynckes nachher milde über den 1:3-Rückstand.

An 35 der insgesamt 50 Bundesliga-Spielzeiten war er beteiligt — 13 Jahre als Spieler (1965-78), 22 Jahre als Trainer (1979-2013). Und er feierte seinen Abschied dort, wo seine beispiellose Karriere ihren Ursprung nahm. In Mönchengladbach. Seiner Heimat, wie er gestand. Bevor er das sagte, stockte ihm die Stimme. Heynckes, der stets distanziert Wirkende, der Beherrschte, rang um Fassung. Seine Stimme stockte. Er zupfte sich am Haar, wischte über seine linke Schläfe. Und als er über den warmherzigen Empfang der Borussen-Fans zuvor im Stadion sagte, „das zeigt mir, dass das meine Heimat ist“, kullerten ihm Tränen über die Wangen. Heynckes weinte. Ein historischer Augenblick der Bundesliga-Geschichte.

Für ihn hatte sich der Kreis geschlossen. Am Vorabend des Spiels im Borussia-Park traf er mit den Pokalsiegern von 1973 zusammen — mit Netzer, Vogts, Wimmer und Kleff. „Einige hatte ich 40 Jahre nicht gesehen“, sagte Heynckes. Nach 1011 Bundesligaspielen als Profi und Trainer endete in seiner Geburtsstadt eine Ära — selbst wenn noch zwei große Endspiele folgen: das Champions-League-Finale am Samstag und das DFB-Pokalfinale eine Woche später. Das Spiel des Jahres gegen Dortmund war in Gladbach schon präsent. „Das Finale in Wembley kann man nicht ausblenden“, bemerkte Heynckes, der seine Spieler samt Bayern-Vorstand nach dem Spiel auf seinen Bauernhof im Schwalmtal, unweit von Mönchengladbach, eingeladen hatte.

Auf der „Casa de los gatos“ (Haus der Katzen) stimmten sich die Bayern auf Dortmund ein. Starkoch Alfons Schuhbeck kredenzte Scampi-Salat, Rheinischen Sauerbraten und Apfelstrudel mit Nuss-Eis. Heynckes löste mit der Einladung eine Wette ein. Jerome Boateng hatte im März gegen Fortuna Düsseldorf mit dem Siegtor zum 3:2 sein erstes Bundesligator erzielt und eine Wette gegen seinen Trainer gewonnen.

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