HSV versinkt im Chaos: Veh am Ende, Rost in Rage

München (dpa) - Ans Aufgeben dachte Armin Veh nach dem ultimativen K.o. des HSV bei den Bayern nicht - großartig kämpfen um seinen Job mag er aber wohl auch nicht mehr.

„Das ist etwas, was ich nicht beeinflussen kann“, sagte der 50 Jahre alte Fußball-Lehrer ungerührt noch vor der von Sportchef Bastian Reinhardt für Sonntag angekündigten Krisensitzung der Hamburger Vereinsführung. Seinen Abgang zum Saisonende hatte Veh bereits vor dem Spiel verkündet, die höchste Saisonniederlage könnte den Abschied beschleunigen.

Selbst „hinschmeißen“ werde er nicht, betonte Veh: „Ich werde jetzt nicht zurücktreten, das sicher nicht.“ Zermürbt und entnervt von der chaotischen Situation beim Bundesliga-Dino wirkte er dennoch. Und er wisse, „dass ich keine gute Position habe nach einem 0:6“. Die Europa-League-Teilnahme ist nach drei sieglosen Partien Utopie.

Während der nach sechs Gegentoren restlos bediente Torwart Frank Rost als Motzki vor den TV-Kameras von „Sky“ und „Liga total“ lautstark den „Wahnsinn“ im Verein anprangerte und gegen den im Urlaub weilenden Vorstandschef Bernd Hoffmann zum Rundumschlag ausholte, deutete Reinhardt akuten Handlungsbedarf an. „Man darf verlieren, aber nicht so“, kommentierte der Sportchef entsetzt.

Hoffmann werde seine Ferien zumindest unterbrechen, kündigte Reinhardt an, der komplette Vorstand müsse mit dem Trainer tagen. „Ich denke, nach so einer Niederlage und der Art und Weise gibt es von unserer Seite Gesprächsbedarf“, sagte Reinhardt. Die Frage, ob Veh im Amt verbleiben werde, beantwortete er am Samstagabend ausweichend: „Das werden wir alles in Ruhe besprechen.“

Die Auflösungserscheinungen beim Bayern-Torfestival von Arjen Robben (40./47./55.), Franck Ribéry (64.), Thomas Müller (79.) und dem Eigentor von Kapitän Heiko Westermann (85.), das offiziell dem Initiator Ribéry zuerkannt wurde, waren unübersehbar. „Völlig kopflos“ sei man am Ende gewesen, räumte Veh ein, der sich von seinem Team abwendete: „So kann man in der Bundesliga nicht Fußball spielen. Bei einem gewissen Stand muss man den Kopf einschalten.“

Die Mannschaft habe sich „gehen lassen“, sagte David Jarolim selbstkritisch - das Tohuwabohu im Club überträgt sich auf das Spielfeld. „Es ist die ganze Zeit Chaos im Verein“, erklärte der Ex-Münchner Zé Roberto entnervt: „Wir hatten keine Harmonie, keine Kommunikation auf dem Platz. Und es kam auch nichts vom Trainer.“

„Der HSV stellt sich erbärmlich und unwürdig dar“, kritisierte der ehemalige Manager Günter Netzer in der „Bild am Sonntag“. Das Versagen der Mannschaft sei „ein Spiegelbild“ dessen gewesen, „was die Vereinsführung vorlebt“. Beim HSV gebe es „eine Ansammlung sportlicher Inkompetenz“.

Torwart Rost griff die Führung ebenfalls frontal an. Der Routinier beklagte „persönlichen Egoismus“. Leute wie er würden „enteiert“, Unterstützung der Mannschaft vom Vorstand um den am Jahresende ausscheidenden Boss Hoffmann gebe es nicht. Statt „Lösungen“ würden beim HSV immer nur „Schuldige“ gesucht, es herrsche intern eine „Misstrauenskultur“.

Der 37-Jährige hat die Schnauze voll: „Das geht so das ganze Jahr, sie können nicht mehr in Ruhe vernünftig arbeiten. Das sind viele kleine Baustellen, die sich summieren zu einer riesengroßen.“ Rost warnte vor dem Untergang des Tabellensiebten: „Was wir jetzt sehen, ist ein wankender Riese - und wenn wir noch eine auf die 'Gosche' kriegen, dann fällt er um, der Riese!“ Vor Sanktionen seitens des Vereins fürchtet sich der Torwart am Ende seiner Laufbahn nicht: „Das ist total uninteressant. Ob sie mich wegfackeln, ist mir wurscht!“ Als Erster wird aber wohl der Trainer gehen müssen, Vehs Assistent Michael Oenning (früher Nürnberg) könnte übergangsweise übernehmen.

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