Hoffenheim berät über Babbels Entlassung

Zuzenhausen (dpa) - Das Trainingsgelände der TSG 1899 Hoffenheim in Zuzenhausen lag am Montagmorgen unter einer dünnen Schneedecke - wie erstarrt wirkt der Fußball-Bundesligist angesichts der Krise.

Andreas Müller beriet einen Tag nach der 1:4-Pleite gegen Werder Bremen mit Geschäftsführung und Nachwuchs-Chef Bernhard Peters über eine Entlassung von Trainer Markus Babbel. Da der mächtige Mäzen Dietmar Hopp im warmen Florida weilt, betonte der Manager: „Wir sind handlungsfähig. Ich spüre eine sehr hohe Verantwortung, aber wir lassen uns nicht treiben in der Geschichte.“

Die übliche Übungseinheit der Profis nach dem Spiel war abgesagt worden, die Spieler liefen sich noch am Sonntagabend in der Rhein-Neckar-Arena von Sinsheim aus und verschwanden dann mit gesenkten Köpfen. Erstmals stellte Müller Babbel keine Jobgarantie mehr für die nächste Begegnung aus und sagte zum Thema Trainer: „Ich kann jetzt so kurz nach dem Spiel eine so schwierige Frage nicht beantworten. Wir haben fähige Leute im Verein, werden die Situation knallhart analysieren und werden die Entscheidung treffen, ob wir mit Markus weiter machen oder nicht.“

Fast nichts spricht jedoch dafür, dass Babbel länger als nur knapp zehn Monate im Kraichgau arbeiten darf und am Freitag beim Hamburger SV und die Woche darauf gegen Meister Borussia Dortmund noch auf der Bank sitzt. Gegen Bremen spielte sein Team über weite Strecken wie ein Absteiger. Es war die vierte Niederlage hintereinander, es gab nur einen Sieg aus den vergangenen zehn Spielen und Babbels enttäuschende Bilanz lautet: sieben Siege in 29 Partien.

„Die sehr prekäre Situation hat sich heute verschärft“, sagte Müller nach dem Abpfiff und räumte erstmals ein: „Eines ist klar: Es geht jetzt um nichts anderes, als dass wir in der Liga bleiben.“ Die TSG sitzt mit nur zwölf Punkten auf dem Relegationsplatz 16 fest und ist mit 36 Gegentreffern auch noch die Schießbude der Liga.

Ralf Rangnick hatte den Dorfverein einst von der Regionalliga bis zur Bundesliga-Herbstmeisterschaft 2008 geführt. Seit seinem Abgang am Neujahrstag 2011 ist in Hoffenheim keine Ruhe eingekehrt: Auf dem Managerposten hatte zuvor schon Jan Schindelmeiser für Ernst Tanner Platz gemacht. Tanner wurde dann von Babbel in Doppelfunktion abgelöst, ehe Müller im September kam. Auf der Trainerbank saß nach Rangnick erst der farblose Marco Pezzaiuoli, ehe Hopp mit Holger Stanislawski einen echten Typen einstellte - und nach nur gut sieben Monaten feuerte, als die Kraichgauer auf Rang acht lagen.

Babbel ging nach dem erneuten Tiefschlag gegen Bremen „felsenfest“ davon aus, dass er weiter für die TSG arbeiten kann. Die Aussage löste bei den Beobachtern ein müdes Lächeln aus: Der 40-Jährige hatte Woche für Woche immer wieder diesselben Erklärungen von sich gegeben und sich zunehmend ratlos präsentiert. Am Sonntagabend sorgte er zudem mit seiner Aufstellung, die er noch vor der Pause wieder korrigierte, für Verwirrung in seiner Mannschaft. Zuverlässig wie immer gab er dann in der Pressekonferenz seinen Standardsatz von sich: Seine Mannschaft sei wieder einmal „für ihren Aufwand nicht belohnt worden“.

Babbel hatte zu Saisonbeginn ohne Not die Europa-League-Teilnahme als Ziel ausgegeben. Dann legte er mit dem 0:4 beim Viertligisten Berliner Ak die Pokalblamage des Jahres hin. Bis heute gelang es dem Ex-Nationalspieler nicht, ein Team zu formen aus einem Kader, den er als Ex-Manager mit zusammengestellt hat: Die Neuzugänge Eren Derdiyok, Filip Malbasic, Chris und Patrick Ochs kamen gar nicht oder kaum zum Einsatz. Als größter Fehler gilt die Verpflichtung von Ex-Nationaltorwart Tim Wiese, den Babbel auch noch zum Kapitän machte und dessen Patzer zu den größten Aufregern der Hoffenheimer Hinrunde gehörten. Die Werder-Fans konnte sich deshalb eine gewisse Häme nicht verkneifen: „Zweite Liga, Wiese ist dabei“, sangen sie am Sonntagabend.

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