Präsident spricht in Singapur Hoeneß: Sportdirektor kommt - Transferwahnsinn kontern

Singapur (dpa) - Uli Hoeneß war in Plauderlaune. Und der Präsident redete im Mannschaftshotel des FC Bayern im Fußball-Niemandsland Singapur am Montag gleich 30 Minuten lang Klartext.

Präsident spricht in Singapur: Hoeneß: Sportdirektor kommt - Transferwahnsinn kontern
Foto: dpa

Die wichtigste Neuigkeit gab es dabei kurz vor Schluss: Der deutsche Rekordmeister wird „in den nächsten sechs Wochen“ einen Sportdirektor präsentieren und damit nach einem Jahr die Nachfolge von Matthias Sammer regeln, der allerdings die Position des Sportvorstandes inne hatte.

Scherzhaft bemerkte Hoeneß angesichts der vielen gemeinsamen Termine mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge während der Asientour des FC Bayern: „Karl-Heinz und ich sind viel Auto gefahren. Da haben wir das ein oder andere Gespräch geführt.“ Und bereits eine Lösung gefunden?

Über die Inhalte der Gespräche mit Rummenigge mochte der Aufsichtsratsvorsitzende abgesehen vom avisierten Zeitrahmen bis Anfang September hinaus nichts Konkretes preisgeben. Angesprochen auf konkrete Namen wie den langjährigen Bayern-Torwart Oliver Kahn (48) antwortete Hoeneß: „Wir wollen jetzt nicht hier auf den Basar gehen. Wir werden das rechtzeitig mitteilen.“ Der „Sport Bild“ bestätigte Hoeneß später, dass Kahn kein Interesse an dem Job bekundet habe. „Darum ist er auch kein Thema“, zitierte das Magazin Hoeneß.

Ein Ex-Profi mit Bayern-Vergangenheit könnte aber den Posten schon bekommen. Hoeneß und Rummenigge schätzen diesen Stallgeruch. Darum war auch Philipp Lahm (33), der seine Spielerlaufbahn im Mai beendet hatte, ein Wunschkandidat. Aber zurt Einigung kam es bekanntlich nicht. „Er hat diese Entscheidung getroffen, dass er das jetzt nicht machen will“, erinnerte Hoeneß. Und Sportdirektor habe Lahm eh nicht werden wollen. Sammer gehörte dem Vorstand der FC Bayern AG an. Der 49-Jährige war im Juli 2016 aus gesundheitlichen Gründen nach vier sehr erfolgreichen Bayern-Jahren als Sportvorstand ausgeschieden.

Die Strapazen der Asienreise, die beim 0:4 im Testspiel gegen den AC Mailand offenbar geworden waren, werden unterdessen ein Nachspiel haben. Hoeneß kündigte Konsequenzen für künftige Sommertouren an. „Das ist sicherlich grenzwertig, was wir gemacht haben bis jetzt. Wir werden sicherlich weiter diese Reisen machen. Aber ob man unbedingt vier Spiele in zwölf Tagen machen sollte mit einer Reise in ein anderes Land noch, das wird sicherlich auf den Prüfstand kommen.“

Die Veranstalter des International Champions Cup (ICC) wollten nach zwei Bayern-Spielen in China auch noch zwei in Singapur. Finanziell lohnt sich die Tort(o)ur. „Es ist eine sehr lukrative Reise“, sagte Hoeneß. Sportlich ist sie ein Problem für Trainer und Spieler. Der Testspiel-Flop gegen Milan soll am Dienstag (13.35 Uhr/Sport1) im Nationalstadion von Singapur gegen den englischen Meister FC Chelsea mit 80-Millionen-Einkauf Alvaro Morata korrigiert werden.

„Man verliert ungerne 0:4. Darum besteht ein kleiner Druck, dass man besser ausschaut“, meinte Hoeneß. Carlo Ancelotti sagte, in der Vorbereitung seien Fehler noch erlaubt. Fühlt er nun besonderen Druck gegen Chelsea? „Wenn ich jetzt Druck hätte, wäre ich zu Saisonbeginn tot“, scherzte der 58-jährige Italiener.

Auch Hoeneß ist „in keiner Weise hektisch“ beim Blick auf die am 18. August beginnende Bundesligasaison. In der erwartet er nicht wieder RB Leipzig, sondern Borussia Dortmund als Herausforderer Nummer 1. Ein Wunschziel neben der Meisterschaft bleibt ein dritter Gewinn der Champions League nach 2001 und 2013. „Der kommt immer näher“, glaubt Hoeneß, „denn irgendwann wird sich durchsetzen, dass nicht das Geld alles entscheidet, sondern die kluge Strategie.“

Der Bundesliga-Krösus hat zwar in diesem Sommer die Rekordsumme von 41,5 Millionen Euro für den Franzosen Corentin Tolisso ausgegeben. Aber dem internationalen Transferwahnsinn wollen sich die Bayern weiterhin verweigern. „Nicht der teuerste Transfer ist der beste, sondern der, der auf dem Platz am meisten leistet“, sagte Hoeneß.

Und so übermittelte er aus Singapur diese Botschaft an die vielen kaufwütigen Großvereine in England, Spanien oder auch Paris. „Wir müssen in diesem Haifischbecken, in dem wir uns bewegen - 100 Millionen da, 200 Millionen da - unseren eigenen Weg finden. Wir wollen da mitspielen, aber ich glaube, wir sollten uns ganz klar darauf zurückziehen zu sagen: Nicht um jeden Preis! Wir müssen ein Konzept entwickeln, wie wir dem Wahnsinn auf die FC-Bayern-Art begegnen können. Mia san mia heißt nicht unbedingt, mia san Euros oder Dollars, sondern mia san Erfolg in der Richtung, do the unexpected (tue das Unerwartete).“ Die Abteilung Attacke lebt auf.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort