Hoeneß: „Ich bin kein Sozialschmarotzer!“ (mit Video)

München (dpa) - Als Uli Hoeneß den Saal 134 im Münchner Justizpalast betritt, wird es ganz still. Bis auf das hektische Klicken der Kameras ist kaum etwas zu hören.

Hoeneß: „Ich bin kein Sozialschmarotzer!“ (mit Video)
Foto: dpa

Mit bedächtigen Schritten geht der Präsident des FC Bayern auf den Stuhl zu, auf dem er in den kommenden Tagen auf das Urteil in seinem Steuerprozess warten muss. Dann bleibt er stehen, hebt den Kopf und schaut direkt in die Kameras.

Nachdem er den Justizpalast zuvor durch den Hintereingang betreten hatte, während Journalisten und Schaulustige seit Stunden am Hauptportal ausharrten, stellt er sich nun den Fotografen und Kameraleuten. In der ersten Reihe verfolgt seine Frau Susi das Verfahren. Als der erste Verhandlungstag nach rund fünfeinhalb Stunden endet, verlässt das Ehepaar gemeinsam den Saal.

Die Anspannung ist Hoeneß anzumerken, auch wenn er ab und an noch versucht, sich ein Lächeln abzuringen. Steuerhinterziehung von insgesamt 3,5 Millionen Euro wirft die Staatsanwaltschaft ihm vor - in sieben Fällen. Und das ist wohl nur die Spitze des Eisbergs. Sein Anwalt Hanns W. Feigen spricht von „deutlich über 15 Millionen“, die Hoeneß darüber hinaus hinterzogen haben soll. Gigantische 18,5 Millionen Euro wären es dann insgesamt.

Ein „überschießendes Geständnis“ nennt das eine Gerichtssprecherin. Die Zahl ist ein Knaller, der selbst die Staatsanwaltschaft überrascht, die die entsprechenden Unterlagen erst vor rund einer Woche auf den Tisch bekam. Für Hoeneß könnte sich die Lage dadurch noch weiter zuspitzen.

Der Angeklagte, der im schwarzen Anzug mit weinroter Krawatte zu seiner Verhandlung gekommen ist, gibt sich vor allem eins: reumütig. „Hohes Gericht, die mir in der Anklage zur Last gelegten Steuerstraftaten habe ich begangen“, so leitet er sein Geständnis ein, das er von einem Blatt Papier abliest. „Mit anderen Worten: Ich habe Steuern hinterzogen.“

Mit seiner Selbstanzeige, die die Staatsanwaltschaft nicht anerkennen will, habe er reinen Tisch machen wollen, betont Hoeneß. „Mir ist klar, dass mir nur absolute Steuerehrlichkeit hilft.“ Auf die Frage von Richter Rupert Heindl, wann diese Erkenntnis ihn denn ereilt habe, antwortet er ausweichend. Ansonsten aber gibt sich Hoeneß in erster Linie als geläuterter Sünder. „Mein Fehlverhalten bedauere ich zutiefst.“ Er werde alles dafür tun, „dass dieses für mich bedrückende Kapitel abgeschlossen werden kann“.

Mit dem Geld auf seinem geheimen Schweizer Konto habe er jahrelang „richtig gezockt“, sagt er. „Mit Summen, die für mich heute schwer nachvollziehbar sind.“ Jahrelang schob Hoeneß per Telefonanruf bei seiner Bank enorme Millionenbeträge hin und her - seinen Angaben zufolge ohne auf die Kontoauszüge zu achten. Das sei aber vorbei. „Die Wahnsinns-Geschäfte waren in den Jahren 2002 bis 2006 - und dann hatte ich kein Geld mehr.“

Richter Heindl fühlt Hoeneß auf den Zahn und hakt immer wieder nach, wenn der 62-Jährige sagt, er habe gar nicht bis ins Detail von den millionenschweren Devisengeschäften gewusst, die von seinem Schweizer Konto aus abgewickelt wurden. Er habe der Bank schließlich vertraut, sagt Hoeneß. „Sie können mit Ihrem Geld machen, was Sie wollen“, entgegnet Heindl. „Aber ich kann es nicht nachvollziehen, dass hier um Millionen gezockt wird - und da gibt es kein Gespräch darüber.“ Ein Lieblingssatz von Heindl: „Man kann es glauben, man muss es aber nicht glauben.“

Doch Reue ist nicht das einzige Pfund, mit dem Hoeneß wuchern will. Schließlich war er bislang ein unbescholtener Bürger und sogar mehr als das - ein moralisches Vorbild für viele. „Ich bin kein Sozialschmarotzer!“, betont er dann auch und zeichnet noch einmal das Bild von sich, das eine lange Zeit sein öffentliches Image bestimmte. Er präsentiert sich als Wohltäter, der Millionen für soziale Zwecke gespendet und noch viel mehr Millionen - 50 nämlich - an Steuern in Deutschland gezahlt habe.

Dass seine Selbstanzeige nicht gültig sein soll, habe ihn entsetzt, sagt Hoeneß. „Das hat mich total geschockt.“ Eine Kaution von fünf Millionen Euro hinterlegte er, um nicht in Untersuchungshaft bleiben zu müssen. Außerdem zahlte er schon einmal zehn Millionen Euro an das Finanzamt zurück. „Ich konnte wenigstens wieder nach Hause fahren.“

Außerdem schildert er die Auswirkungen auf ihn und seine Familie, nachdem seine Selbstanzeige öffentlich geworden war, spricht von Drohbriefen und sogar Morddrohungen. „Ich will hier aber nicht jammern.“ Denn wäre er „steuerehrlich“ gewesen, „wäre das alles nicht passiert“.

Voraussichtlich an diesem Donnerstag will Heindl das Urteil verkünden. Dann entscheidet sich, ob der Präsident des FC Bayern München sogar ins Gefängnis muss. Eine Haftstrafe ohne Bewährung drohte ihm schon, als nur von 3,5 Millionen Euro hinterzogenen Steuern die Rede war. Jetzt ist die Summe, um die es geht, um ein Vielfaches höher.

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