Harsche Kritik an Sammer - Adrion: Keine Bewertung

Frankfurt/Main (dpa) - Ein Wechsel zum HSV ist vom Tisch, doch Matthias Sammer wird nicht so einfach zur Tagesordnung übergehen können. Dem Doch-Noch-Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) schlägt nach seiner Entscheidung gegen den Hamburger SV Kritik nicht nur aus den Medien entgegen.

Sein Verhältnis zu Bundestrainer Joachim Löw ist ohnehin getrübt, auch sein Rückhalt durch Präsident Theo Zwanziger und Generalsekretär Wolfgang Niersbach hat gelitten. Und in Fachkreisen wird Unverständnis über den 43-Jährigen geäußert.

Sammer nutzte nach tagelangem Schweigen und einem Abgang durch die Hintertür am Freitag in der Frankfurter DFB-Zentrale das Wochenende, um sich zu rechtfertigen. „Ich habe neben meiner privaten großen Liebe zu meiner Frau auch jetzt eine Liebe: der Deutsche Fußball-Bund“, sagte Sammer am Sonntagabend im TV-Sender Sky und räumte ein: „Ich war vielleicht einer anderen Konstellation erlegen. Ich war vielleicht bereit für eine neue Liebe... Das ist ein Punkt, den man mir kritisch anmerken kann.“ In DFB-Kreisen heißt es: Sammer habe sich nicht für den Verband, den er „nicht irgendwie zappeln lassen wollte“, sondern gegen den HSV entschieden.

„Der Mann, der nicht weiß, was er will“, titelte am Montag die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und schrieb: „Wer sich auf Vertragsgespräche einlässt, seinen Anwalt dabei hinzuzieht und sogar sein mögliches Begleitpersonal auf dem Weg zum HSV benannt hat, sollte post festum zumindest nicht die Unschuld vom Lande spielen.“ Und die „Süddeutsche Zeitung“ meinte unter der Überschrift „Gelöschter Feuerkopf“: „Auch im eigenen Verband gilt Sammer seit Freitag als der Mann, der sich nicht traut.“ Der Vorwurf der Mutlosigkeit, widersprach Sammer prompt, „ist völlig falsch“.

Sammer würde jetzt am liebsten so weiterarbeiten wie bisher und betonte: „Fakt ist erstmal: Ich habe Vertrag beim DFB bis 2013.“ Doch bereits in den kommenden Tagen droht Sammer eine weitere Schwächung, wenn der U-21-Nationaltrainer Rainer Adrion wie erwartet und wie von Bundestrainer Löw gewünscht, seinen Vertrag verlängert bekommt. „Ich würde gerne weitermachen, die Zusammenarbeit mit der A-Nationalmannschaft ist sehr gut“, sagte Adrion der Nachrichtenagentur dpa. „Für mich ist Joachim Löw in sportlichen Fragen mein erster Ansprechpartner. Ich glaube nicht, dass sich durch die aktuellen Entwicklungen da was gedreht haben könnte.“

Zur Causa Sammer wollte sich Adrion nicht dezidiert äußern: „Ich möchte dazu keine Bewertung abgeben, obwohl ich eine Meinung dazu habe.“ Im Fall seiner Vertragsverlängerung kündigte er aber vielsagend an: „Man muss sehen, wo es in Zukunft Schnittstellen gibt mit dem Sportdirektor, denn die Zuständigkeit für die U 21 in sportlichen Fragen liegt bei mir in Absprache mit dem Bundestrainer. Da, wo es Schnittstellen gibt, werden wir natürlich weiter professionell zusammenarbeiten.“

Laut „Kicker“ steht noch in dieser Woche ein Gespräch zwischen Sammer und Löw an. „Wir werden nicht jeden Juniorentrainer nach einem Scheitern in der Qualifikation auf die Straße setzen“, erklärte DFB-Chef Zwanziger. „Die entscheidende Aufgabe der Trainer im Juniorenbereich ist es, und da sind wir uns mit Matthias Sammer völlig einig, die Talente nach oben zu bringen.“

Vor wenigen Monaten war Sammer noch als möglicher Löw-Nachfolger genannt worden, falls die Vertragsverhandlung mit dem Bundestrainer nach der WM gescheitert wäre. Jetzt ist der Posten erst einmal vergeben - wenn bei der EM 2012 nichts Außergewöhnliches geschieht sogar bis zum nächsten Weltturnier 2014 in Brasilien.

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