Hannover 96: Kaltstart für Tayfun Korkut

Hannover 96 vertraut einem Trainer ohne jede Erfahrung im Profi-Bereich als Nachfolger von Mirko Slomka.

Hannover 96: Kaltstart für Tayfun Korkut
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Hannover. Mit einem kühnen Votum in der Trainerfrage sorgt Hannover 96 für Aufsehen. Der bislang nur Insidern bekannte Tayfun Korkut soll als Nachfolger des geschassten Mirko Slomka der Bundesliga-Konkurrenz in der Rückrunde das Fürchten lehren. „Es ist eine mutige Entscheidung mit Perspektive“, kommentierte 96-Clubchef Martin Kind den Zuschlag für den Nobody. „Wir sehen da kein Risiko. Herr Korkut hat seine Karriere ganz gezielt geplant. Er weiß, was zu tun ist.“

Sportdirektor Dirk Dufner, der den Silvester-Coup mit dem ersten türkischstämmigen Bundesliga-Trainer seit Arkoc Özcan 1977/78 beim Hamburger SV eingefädelt hatte, äußerte sich begeistert. „Korkut ist ein wahnsinnig talentierter Trainer, von dem wir vollkommen überzeugt sind“, sagte Dufner. Er ließ sich mehr vom Konzept des 39 Jahre alten früheren türkischen Nationalspielers als von dessen Namen beeindrucken. Korkut bedeutet so viel wie „jemandem Angst machen, in Furcht versetzen“.

„Ich danke Hannover 96 ausdrücklich für das Vertrauen“, sagte der gebürtige Stuttgarter Korkut, der seine Spielerkarriere einst bei den Stuttgarter Kickers in der Regionalliga begonnen hatte. Für ihn ist der Job in Hannover der erste Chefposten im Männerbereich. Er erhält einen Vertrag bis 2016 und wird morgen vorgestellt. Am Sonntag steht er zum Trainingsstart erstmals mit seinem neuen Team auf dem Platz.

„Vor uns liegt eine anspruchsvolle, aber auch faszinierende Aufgabe, auf die ich mich sehr freue“, sagte Korkut, der 2011 in Köln die deutsche Fußballlehrer-Lizenz erwarb. Clubchef Kind wollte unbedingt eine mutige Entscheidung präsentieren. Die hat er jetzt, denn der zweimalige EM-Teilnehmer Korkut war nach seiner Profizeit in Spanien und der Türkei bislang nur im Jugendbereich hauptverantwortlich tätig. Bis Sommer 2013 war er Co-Trainer des türkischen Nationalteams, die Bundesliga kennt er weder als Spieler noch als Trainer.

„Die Herren Gisdol, Schneider und Weinzierl hatten auch keine Bundesliga-Erfahrung. Jetzt sind sie Cheftrainer“, argumentierte Kind mit Verweis auf das Beispiel der Liga-Rivalen Hoffenheim, Stuttgart und Augsburg. „Von der Europa League als Saisonziel haben wir uns schon vor längerer Zeit verabschiedet. Am Ende sollte irgendwas um Platz zehn herausspringen“, erklärte Kind.

Lange Zeit galt der frühere Interimscoach des Hamburger SV, Ricardo Moniz, als Favorit auf die Slomka-Nachfolge. „Das ist keine Entscheidung gegen einen anderen Trainer, sondern für Korkut“, sagte Dufner. Er widersprach vehement dem Eindruck, Korkut sei nur eine B- oder C-Lösung, nachdem Wunschkandidat Thomas Schaaf abgesagt hatte und andere vermeintliche Kandidaten wie André Breitenreiter (Paderborn) nicht realisierbar gewesen seien.

„Es ist unglaublich, dass jemand wie Breitenreiter, der bei uns nie ein Thema war, sich selbst ins Spiel bringt“, echauffierte sich Dufner: „Und dann plötzlich öffentlich über Facebook absagt, als er gemerkt hat, dass ihn keiner haben will. Das ist einfach unfassbar.“

Das 96-Team, das unter Slomka in der Hinserie auswärts nur Niederlagen kassierte, muss zum Rückrundenstart in vier Spielen dreimal in der Fremde ran. Daheim empfangen die Niedersachsen zudem die Top vier der Liga: Bayern München, Leverkusen, Gladbach und Dortmund — kein leichtes Auftaktprogramm für Tayfun Korkut.

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