Großer Pechvogel Cacau - 2012 ein Jahr zum Vergessen

Stuttgart (dpa) - Cacau ist ein Fußball-Profi, den man mögen muss. Immer freundlich, sozial engagiert und mit einer herzensrührenden Vita. 2012 hat der Stuttgarter viel Pech. Im Verein lief es nicht rund, vor der EM wurde er aus dem Kader gestrichen und nun ist er auch noch schwer verletzt.

Jerônimo Maria Barreto Claudemir da Silva, kurz Cacau, findet viel Kraft in seinem Glauben. Die emotionale Bindung zu Gott hat dem Stuttgarter Fußball-Profi gerade in diesem Jahr sicherlich oft geholfen und dürfte auch in den kommenden Wochen für den 31-Jährigen von großem Nutzen sein. Nach einem Kreuzbandriss und Innenbandriss im linken Knie fällt der ehemalige Nationalspieler mindestens drei Monate aus. Schlägt die konservative Heilungsmethode mit einer Spezialschiene statt Operation nicht an, droht sogar das Saisonaus.

„Ich bin traurig, dass ich mich im Training bei einem harmlosen Zweikampf so schwer verletzt habe und damit dem VfB in den nächsten wichtigen Wochen nicht helfen kann“, meinte Cacau. „In der Reha werde ich hart an meiner Rückkehr arbeiten.“

„Das tut uns richtig weh. Vor allem, weil man im Training gespürt hat, wie gut Cacau drauf war“, klagte VfB-Trainer Bruno Labbadia am Donnerstag, da ihm im ohnehin dünn besetzten Kader nun monatelang eine wichtige Alternative fehlt. „Das ist natürlich ganz bitter für uns und tut mir unheimlich leid für ihn“, sagte Sportdirektor Fredi Bobic.

Die Hiobsbotschaft traf Cacau am Mittwoch - und passte zu einem miserablen Jahr für den gebürtigen Brasilianer. Als der VfB in der Bundesliga-Rückrunde nach oben strebte, war Cacau oft nur Ersatz - eine für ihn ungewohnte Rolle im Ländle. Der nächste Nackenschlag folgte Ende Mai. Im Trainingslager der Nationalmannschaft strich ihn Bundestrainer Joachim Löw kurz vor der Abreise nach Polen völlig überraschend aus dem EM-Aufgebot. Cacau hatte angesichts von nur drei Stürmern im DFB-Kader als fixer Backup für Miroslav Klose und Mario Gomez gegolten.

Vorbei war der Traum vom EM-Erfolg und vor allem die realistische Perspektive, in zwei Jahren in seinem Geburtsland Brasilien eine WM zu spielen. Zuvor war Cacau lange Löws Lieblingsjoker gewesen. In 19 seiner 23 Länderspiele wurde er eingewechselt und dankte es oft mit späten Toren.

Cacau wird sich von der schweren Verletzung nicht unterkriegen lassen. Er ist ein positiver Typ. Auftrieb dürfte dem inzwischen dreifachen Vater auch die Geburt von Söhnchen Davi vor wenigen Tagen geben. Zudem hat Cacau im Leben ganz andere Krisen bewältigt. Seine alleinerziehende, keineswegs begüterte Mutter zog ihn und zwei Brüder auf. In Brasilien war er als Fußballer schon ausgemustert, als er 1999 mit einer Tanzgruppe nach Deutschland kam. Über den Landesligisten Türkgücü München kam Cacau ins Amateurteam des 1. FC Nürnberg und begann seinen unglaublichen Aufstieg zum deutschen Meister 2007 mit dem VfB und WM-Dritten 2010.

Als Vorbild einer perfekten Integrationsleistung ist Cacau mit seinem Teamkollegen Serdar Tasci Integrationsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes. Mit Humor kann er mit seinen Identitäten spielen - sein Spitzname im Kollegenkreis ist Helmut. Dass ihm das Lachen in den kommenden fußballfreien Wochen nicht vollends vergeht, sei auch VfB-Aufgabe, sagte Bobic: „Wir denken positiv und werden Cacau täglich unterstützen.“

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