Dortmunds Mannschaft in der Krise: Der Kredit ist aufgebraucht

Borussia Dortmund ist im Abstiegskampf völlig überfordert. Jetzt schlägt auch bei den Anhängern die Stimmung um.

Der Dortmunder Roman Weidenfeller spricht nach dem Spiel mit aufgebrachten Fans.

Der Dortmunder Roman Weidenfeller spricht nach dem Spiel mit aufgebrachten Fans.

Foto: Roland Weihrauch

Dortmund. Ihre Schritte waren schwer wie die von alten Männer. Es war geradezu ein Bild des Jammers, als die Spieler von Borussia Dortmund sich am Mittwochabend vorsichtig der Südtribüne näherten. War doch die Stimmung bei den Treuesten der Treuen umgeschlagen. Nach dem 0:1 gegen den FC Augsburg hatte sich die echte Liebe der Fans erstmals in eine explosive Mischung verwandelt. Ihre Bestandteile: Wut, Fassungslosigkeit, Angst.

Roman Weidenfeller versuchte die Anhänger zu beruhigen, kletterte dafür auf den Zaun. "Man kann ihren Ärger verstehen", sagte der Torhüter. Auch Mats Hummels suchte die Nähe, den Dialog. "Uns bleiben noch 15 Spiele", bemühte d er Kapitän den Spielplan. "Wir müssen nur noch kämpfen - und nichts anderes."

Irgendwann ist der Kredit aber aufgebraucht. Irgendwann ist Liebe, so echt sie auch sein mag, nicht mehr bedingungslos. Nach sechs grandiosen Jahren, in welchen Jürgen Klopp den BVB vom schlafenden zum hellwachen und kraftstrotzenden Riesen entwickelt hatte, ist das verflixte siebte Jahr der Wendepunkt in dieser Beziehung. Der Trainer wirkt angesichts des Dilemmas auf dem Spielfeld völlig ratlos. Ohne Energie. Frei von jeglicher Überzeugungskraft.

Krisen gehören halt nicht zum Weltbild dieses Mannes, der noch vor einem Jahr in Dortmund einen Vertrag auf Lebenszeit hätte unterschreiben können. Wenn er denn gewollt hätte. So überzeugt war man von ihm. Inzwischen kämpft Dortmund nicht gegen eine Krise, wie man irrtümlich in der Hinrunde noch geglaubt hatte, sondern um die nackte Existenz. Um den Verbleib in der Bundesliga. Um nichts anderes. "Wir müssen in Freiburg eine Reaktion zeigen und zurückschlagen", sagte Klopp. "Ich glaube fest daran."

Eine Durchhalteparole, wie sie seit Wochen aus dem Munde des hochdekorierten Fußball-Lehrers kommt, dessen sportliche Philosophie mit Hochgeschwindigkeitsfußballs, überfallartigen Kontern und Gegenpressing einhergeht. Davon ruft sein Team nichts mehr ab. Kann es nicht abrufen. Weil Verzweiflung, Angst und Verunsicherung die Köpfe der Spieler blockieren. Das ist bei jedem Pass zu spüren, bei jeder Flanke, bei jeder Abwehraktion. So kommen manchmal geradezu groteske bis bizarre Situationen auf dem Spielfeld zustande. Von einer Mannschaft, die in der vergangenen Saison noch Real Madrid mit Traumfußball aus dem Stadion gejagt hat.

Die nächsten Gegner heißen nun Freiburg, Mainz und Stuttgart. Definitiv nicht die Creme des deutschen Fußballs. Allesamt bezwingbar. Normalerweise. Doch was ist in diesen Tagen noch normal in Dortmund, wo die Geschäftsführer Aki Watzke und Sportdirektor Michael Zorc die erschreckende Entwicklung seltsam defensiv begleiten?

Wo sich Superstar Marco Reus bei seinen Auftritten in Leverkusen und gegen Augsburg zweimal die Note sechs verdiente. Und wo jetzt auch noch Kevin Großkreutz rund sechs Wochen ausfällt. Er zog sich gegen Augsburg einen Muskelbündelriss zu.

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