„Muss auch dazu lernen“ Dardai als Lernender auf Herthas Weg nach Europa

Schladming (dpa) - Der Weg nach Europa wird auch für den Trainer mit der aktuell drittlängsten Amtszeit in der Bundesliga zur Reise ins Ungewisse.

Im Trikot von Hertha BSC bejubelte Pal Dardai Champions-League-Siege über den FC Chelsea und den AC Mailand - nun bereitet der Berliner Coach im Trainingslager in Schladming nicht nur seine Profis auf die ungewohnte Dreifachbelastung vor. „Als Spieler kenne ich das, aber als Trainer nicht. Ich muss auch dazu lernen in diesem halben Jahr, das ist eine andere Sache“, berichtet der Ungar bei bestem Sommerwetter mit mehr als 30 Grad in der österreichischen Steiermark.

Regeneration, Schlaf, Essen, Reisen - „das ist ein gesamter großer Korb“, erläutert er die Umstellungen in der Saison mit dem ersten Hertha-Auftritt in der Gruppenphase der Europa League seit acht Jahren.

Für den letzten Feinschliff verschärft der 41-Jährige da auch schon mal den Ton. Gleich zu Beginn des einwöchigen Vorbereitungscamps vor der malerischen Kulisse mit dem Hausberg Planai durchbricht Dardais Weckruf die Alpen-Idylle. „Bist du ein Vorbild oder was? Sind wir im Kindergarten?“, rüffelt er den eigentlichen Musterprofi Vladimir Darida für ein unkontrolliertes Ballwegschlagen. „Das gilt für alle, mal runterkommen!“

Die jüngsten Europa-Erfahrungen lassen auch ansonsten höchste Wachsamkeit opportun erscheinen. Vergangene Saison scheiterte Hertha kläglich in der Qualifikation an Bröndby Kopenhagen, 2010 folgte auf Platz vier der Absturz auf Rang 18 und in die zweite Liga. An einen ähnlichen Einbruch ausgerechnet im Jubiläumsjahr mit dem 125. Geburtstag will niemand glauben. Als offizielles Saisonziel gibt Dardai in der Bundesliga 50 Punkte aus - einen Zähler mehr als in der Vorsaison: „Und dann schauen wir weiter“.

Und doch wissen die Verantwortlichen, dass die Enttäuschten der Vorsaison mächtig Druck machen werden. „Im normalen Fußball-Leben laufen Clubs wie Schalke, Leverkusen, Gladbach und Wolfsburg vor uns ein“, sagt Geschäftsführer Michael Preetz zu den Kräfteverhältnissen in der Liga. „Aber wir wissen, jedes Jahr ist nicht normal.“

Für diese Konsolidierung unter den Verfolgern der Meisterkandidaten verstärkte Hertha diesen Sommer bislang vor allem die Offensive. Die Neuverpflichtungen zeigen aber auch ein Dilemma dieser Vorbereitung: U21-Europameister Davie Selke fehlt mit einer Mittelfußverletzung mehrere Wochen. Valentino Lazaro, dessen Wechsel von RB Salzburg kurz bevorsteht, wird ebenfalls noch einige Zeit ausfallen. Zudem verpassen auch die Abwehrstützen Niklas Stark und Jordan Torunarigha die taktisch geprägten Einheiten in Schladming.

So musste auch Dardai angesichts des Qualitätsunterschieds beim 0:3 im Jubiläumsspiel gegen den FC Liverpool zuletzt „schlucken“. Dennoch ist die Europa-Euphorie bei der Hertha ungebrochen. „Zu spielen ist immer Lust“, sagte Dardai auf die Frage, ob der engere Terminkalender nicht auch Last bedeutet. Doch einen Makel kann er augenzwinkernd ausmachen: „Danach die Reise ist scheiße. Auf der Hinreise bist du motiviert, bei der Rückreise willst du nur schnell zu Hause sein. Das ist immer zäh.“ Zumindest dieses Gefühl kennt Dardai auch noch als Spieler.

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