Clubs skeptisch bei neuem Sicherheitskonzept

Dortmund (dpa) - Der Widerstand der Proficlubs gegen das neue Sicherheitskonzept im deutschen Fußball wächst. Die Zweitligisten FC St. Pauli, Union Berlin und Hertha BSC haben das „Konzeptpapier Sicheres Stadionerlebnis“ bereits öffentlich abgelehnt, auch in der Bundesliga steigt die Skepsis.

Die Sicherheitskommission der Deutschen Fußball Liga (DFL) will bei ihrer Sitzung am 22. Oktober in Frankfurt/Main die Reaktionen der 36 Erst- und Zweitligisten analysieren und prüfen, ob der Zeitplan für den am 12. Dezember vorgesehenen Beschluss zu halten ist. Durch die schweren Ausschreitungen beim Revierderby in Dortmund bekamen alle Beteiligten einmal mehr vor Augen geführt, wie brisant die Thematik ist. Doch die Verabschiedung des nach der Sicherheitskonferenz in Berlin und der Innenministerkonferenz erarbeiteten Maßnahmenkatalogs, der von der nächsten Saison an gelten soll, ist fraglich. In dem von einer DFL-Kommission erarbeiteten Positionspapier sind unter anderen verschärfte Einlasskontrollen in den Stadien und reduzierte Kartenkontingente für Gäste-Fans bei Verstößen vorgesehen.

„Ich bin der festen Überzeugung, dass wir den Zeitplan überdenken müssen. Es gibt auch seitens der Polizei große Bedenken“, sagte Eintracht Frankfurts Finanzvorstand Axel Hellmann in der „Bild am Sonntag“. Hertha betonte in einer am Sonntag auf seiner Internetseite veröffentlichten Stellungnahme, dass der Club „dem Eckpunktepapier in dieser Form und in der Gesamtheit der darin dargestellten Punkte aus mehreren und unterschiedlichen Gründen nicht zustimmen kann“.

Die Berliner sind der Meinung, dass sich in einer tragfähigen Lösung „auch zwingend die Meinungen und Ansichten der Fans wiederfinden müssen“. Erst dann könne ein entsprechender Beschluss auf der nächsten Mitgliederversammlung des Ligaverbandes auf breiter Basis erfolgen. Auch am Wochenende protestierten Anhänger gegen die geplante Politik. „Wir sagen nein zur DFL und Sicherheitswahn“, hieß es zum Beispiel auf einem Plakat Hoffenheimer Fans.

Wie dringlich die Problematik ist, wurde am Samstag zum wiederholten Mal deutlich. Bilder wie vor dem Derby in Dortmund wollen die Verantwortlichen in den Vereinen, beim Deutschen Fußball-Bund und bei der DFL nicht mehr sehen. „Sowohl Schalker als auch Dortmunder Anhänger legten ein hohes Aggressions- und Gewaltpotenzial an den Tag wie lange nicht mehr“, zog Polizeidirektor Michael Stein am Sonntag Bilanz.

Die Polizei musste Wasserwerfer und Pfefferspray einsetzen. Insgesamt 180 Gewalttäter kamen in Gewahrsam, darunter 163 Randalierer aus Gelsenkirchen und 17 aus Dortmund. Etwa 1200 Polizisten waren rund um das Spiel im Einsatz.

Viele Gäste-Fans seien „konspirativ angereist“, berichtete die Polizei. „Sie hatten nur das eine Ziel: Krawall anzuzetteln“, sagte eine Sprecherin. Viele gewaltbereite Fans hätten sich ganz bewusst in der Innenstadt aufgehalten. „Dortmunder und Schalker Gewalttäter haben unser Sicherheitskonzept bewusst unterlaufen, um die gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Unbeteiligten und dem Gegner zu suchen“, sagte der Einsatzleiter der Polizei, Dieter Keil. „Mit Fußballbegeisterung hat das überhaupt nichts zu tun.“

Vor Spielbeginn kam es immer wieder zu Prügeleien und Sachbeschädigungen. Ultra-Fans griffen Polizisten an und blockierten Straßen. BVB-Fans demolierten eine Gaststätte und zerlegten Möbel, um sie als Wurfgeschosse gegen gegnerische Fans und Polizeibeamte einzusetzen. Vor dem Stadion brannten Fans bengalische Feuer ab. Bei den in Gewahrsam genommenen Randalierern stellten die Beamten unter anderem Handfackeln, Rauchpulver, Pfefferspray und Sturmhauben sicher.

Die Polizei stellte Strafanzeigen wegen Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz (Pyrotechnik) und Beleidigung. Bei dem Klassiker hatte die Polizei mehr als doppelt so viele Beamte wie an anderen Spieltagen im Einsatz. Noch zwei Tage vor der Begegnung hatten beide Vereine ihre Fans zu friedlichem Verhalten aufgerufen.

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