Bundesliga im TV: Wontorra-Talk macht "Doppelpass" Konkurrenz

Bielefeld. „Ausschließlich Steilpässe — keine Doppelpässe mehr.“ Mit seinem Slogan für den in dieser Saison gestarteten „Wontorra-Fußball-Talk“ greift der Bezahlsender Sky den etablierten „Doppelpass“ von Sport1 mit Thomas Helmer an.

 Moderator Jörg Wontorra.

Moderator Jörg Wontorra.

Foto: Wolfram Kastl

Ausgerechnet Jörg Wontorra, der von März 2004 bis Mai 2015 selbst den „Doppelpass“ moderierte, tritt an jedem Bundesliga-Wochenende um 10.45 Uhr in unmittelbare Konkurrenz zu der um 11 Uhr startenden Sendung des Privatsenders. Läuft Sport1 Gefahr, seine Vormachtstellung im Fußballtalk zu verlieren? Der Vergleich:

Aktuell liegt der „Doppelpass“ von Sport1 an den Bundesligaspieltagen mit einem Schnitt von 920.000 Zuschauern (10,9 Prozent Marktanteil) in der Kernzielgruppe der Männer zwischen 14 und 49 Jahren klar vor dem Konkurrenzangebot von Sky. Jörg Wontorra erreichte im selben Zeitraum 130.000 Zuschauer im Schnitt bei einem Marktanteil von 1,1 Prozent. Das ist ein Siebtel des „Doppelpasses“. „Wir wissen, dass es Zeit braucht, um ein neues Format zu etablieren“, sagt Christian Madlindl, Redaktionsleiter beim „Wontorra — der Kia Fußball-Talk“. „Wir sind überzeugt, dass der TV-Markt Platz für mehrere Fußball-Talk-Formate bietet.“ Wontorras Sendung läuft auf dem Kanal Sky Sport News HD, der erst seit Dezember 2016 frei empfangbar ist.

Jörg Wontorra (68) kennt die Stärken und Schwächen des „Doppelpasses“. Auch Dirk Grosser, dort ehemaliger Redaktionsleiter, wechselte zu Sky. „Das ist nach Meinung der Zuschauer kein Nachteil — und das ist entscheidend“, erklärt Sport1-Chefredakteur Dirc Seemann. Sky wollte sich zur Zusammenarbeit mit den ehemaligen Sport1-Mitarbeitern nicht äußern.

Ex-Arminia-Profi Thomas Helmer ist beim „Doppelpass“ Nachfolger von Jörg Wontorra. Durch die neue Konkurrenzsituation ist der Vergleich der Moderatoren allgegenwärtig. Während sich Helmer nicht über seinen Vorgänger äußern will, geht Wontorra in die Offensive: „Eigentlich wird Thomas Helmer mit mir verglichen und nicht andersherum. Das betrachte ich als große Ehre.“ Als Moderator wolle Helmer Reizpunkte setzen und auch Freiraum für Diskussion geben. „Im Idealfall sollte ein Moderator die Gäste dazu bringen, mehr zu verraten, als ursprünglich geplant“, so der gebürtige Herforder Helmer. Wontorra will „Infotainment“ bieten, seine Zuschauer zwar unterhalten, in erster Linie aber mit Insider-Informationen aus der Bundesliga versorgen.

Mit Ausnahme von Reporter-Zuschaltungen und kurzen Zwischendiskussionen geht es beim Wontorra-Talk in 105 Minuten Sendezeit um einen einzigen Gast, der dem Moderator sowie geladenen Experten Rede und Antwort steht. Unter anderem konnten so schon BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke Details zum Poker um Spieler Ousmane Dembélé entlockt werden. In der bissigen Gesprächssituation mit gleich mehreren kritischen Experten liegt die große Stärke des Sky-Talks. „In der Sendung haben wir die Crème de la Crème der deutschen Fußballjournalisten — und das exklusiv. So können wir jedes Wochenende Insiderinformationen liefern“, so Madlindl. Während beim „Doppelpass“ mehrere Experten und ein Moderator bei gut gelaunter Stammtischatmosphäre in zweieinhalb Stunden von einem Thema zum anderen kommen, birgt die regelrechte Monothematik der Sky-Sendung (ein Verein) die Gefahr, Zuschauer anderer Klubs zu verprellen. „Diese Themen bewegen alle Fußball-Fans und nicht nur die Anhänger des jeweiligen Klubs“, kontert Madlindl. Vorteile von Sport1 sind zudem Bewegtbilder von Spielszenen. Im Wontorra-Talk dürfen diese aus rechtlichen Gründen nicht gezeigt werden. „Das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Wir dürfen die Highlight-Bilder des Spieltags exklusiv im Free-TV anbieten“, so Seemann.

Beide Formaten widmen sich den wichtigsten Themen rund um einen Bundesligaspieltag in unterhaltsamen Talkrunden. Während Sky auf Hintergrundinformationen zu einer ausgewählten Fußballgröße und deren Verein setzt, überwiegen bei Sport1 Themenvielfalt und Atmosphäre. Die Wontorra-Runde hat gezeigt, dass neben dem traditionellen „Doppelpass“ durchaus ein weiterer Fußballtalk existieren kann. Aber: In Sachen Zuschauer und Quote liegt Sport1 klar vorne.

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