1899 Hoffenheim: Baustelle statt Traumfabrik

Sinsheim (dpa) - In der einstigen Traumfabrik 1899 Hoffenheim können die Verantwortlichen die Baustellen kaum mehr so schnell schließen, wie sie sich auftun.

Nach dem Wintertheater um Ralf Rangnick, Luiz Gustavo und Demba Ba kämpft der badische Fußball-Bundesligist nun auch mit sportlichen Problemen und befindet sich immer noch auf Stürmersuche.

Zudem ist der Vertrag mit dem neuen Cheftrainer nicht in trockenen Tüchern. „Es sind viele Punkte zu klären“, sagte Marco Pezzaiouli nach dem enttäuschenden 2:2 (1:0) gegen den FC St. Pauli. Manager Ernst Tanner hatte in der Halbzeit noch angekündigt, den Kontrakt am 24. Januar „unter Dach und Fach zu bringen“.

Ein glücklicher Punkt aus zwei Spielen gegen zwei Mannschaften (Bremen und St. Pauli), die in der Tabelle hinter Hoffenheim stehen - mehr hat Pezzaiuoli zum Einstand nicht zu bieten. „Es ist in der Tat nicht berauschend, aber man darf nicht vergessen, dass wir zwei Leistungsträger verloren haben“, sagte Tanner mit Blick auf den zum FC Bayern gewechselten Luiz Gustavo und den streikenden Demba Ba. Der Senegalese Ba wurde an West Ham United ausgeliehen.

Am 26. Januar müssen sich Pezzaiuoli und seine Mannschaft im Pokalviertelfinale bei Energie Cottbus, drei Tage später beim FC Schalke 04 beweisen. Bis dahin kann der neue Chefcoach sicherlich auch die nicht immer einfachen Namen seiner Profis unfallfrei aussprechen: Zum wiederholten Mal sprach er von „Salihovicic“ statt von „Salihovic“.

Vor gut vier Wochen hoffte Ex-Trainer Rangnick noch auf eine Europa-League-Teilnahme, sein Nachfolger verblüffte dann mit der Aussage: „An erster Stelle steht der Klassenerhalt.“ Am Sonntagabend traten die Hoffenheimer dann eine Halbzeit lang so auf, als müssten sie diese Aussage unbedingt untermauern - wie ein Absteiger.

Die Bayern-Leihgabe David Alaba bescherte 1899 mit seinem Treffer in der 90. Minute noch einen Punkt gegen den Aufsteiger aus Hamburg. Nach sechs sieglosen Spielen trennen den Club nur noch sieben Punkte vom Relegationsplatz. Und mit Talfahrten in der Rückrunde hatte Hoffenheim in seiner noch kurzen Bundesliga-Geschichte noch nie Probleme.

„Wenn wir mit diesem Trainer absteigen, wären wir auch mit jedem anderen abgestiegen“, hatte der mächtige Mäzen Dietmar Hopp vor dem Spiel ebenfalls etwas unvermittelt erklärt. Der frühere DFB-Coach und Bundesliga-Novize Pezzaiuoli genießt das Vertrauen des Milliardärs, obwohl in Hoffenheim im Moment viele befürchten, dass es nach dem wundersamen Aufstieg des einstigen Dorfclubs jetzt erst einmal steil bergab geht. Pezzaiuolis Vertrag als Co-Trainer läuft bis zum 30. Juni 2014. Mit einem Kontrakt als Chefcoach bis zum Saisonende will sich der 42-Jährige nicht begnügen. Tanner bestätigte, dass die Vertragsdauer auch ein Streitpunkt ist.

Eigentlich hat der Manager alle Hände voll zu tun, einen Nachfolger für Ba zu finden, der zwar derzeit in England weilt, aber in der Rhein-Neckar-Arena doch ein Thema war: Mit Schmähgesängen und Spruchbändern wie „wunderba, sonderba, untragba“ verabschiedeten die Fans ihren einstigen Liebling, der aber im Sommer wieder in den Kraichgau zurückkehren könnte.

Noch eine Woche hat der Manager bis zum Transferschluss, um die Angriffsabteilung um Peniel Mlapa und den formschwachen Vedad Ibisevic zu verstärken. Nicht länger warten will der Manager auf Wunschkandidat Ryan Babel. Liverpools Trainer Kenny Dalglish sagte am Montag, dass der niederländische Nationalspieler bei dem englischen Club bleiben und nicht zu Hoffenheim wechseln werde. „Es ist so, dass es nicht so einfach ist, einen Spieler von Liverpool nach Hoffenheim zu lotsen“, sagte Tanner.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort