Weihnachtssingen bei den „Eisernen“ sprengt Rekorde

Berlin (dpa) - Der vorweihnachtliche Kult sprengt alle Grenzen. Beim Jubiläum des Weihnachtssingens des Fußball-Zweitligisten 1. FC Union Berlin werden am Sonntag über 20 000 Fans erwartet. Erstmals wird daher der Rasen im Stadion An der Alten Försterei für die rot-weißen Sänger freigegeben.

„Dennoch können wir nicht garantieren, dass jeder Einlass bekommt. Rechtzeitiges Erscheinen ist also Pflicht“, sagte Chef-Organisator Torsten Eisenbeiser vom Fan-Club „Alt-Unioner“ der Nachrichtenagentur dpa.

Der Innenraum wird für einige Stunden mit Platten ausgelegt, um die Grünfläche nicht zu sehr zu schädigen. Die Bühne für Musiker, Chor und Pfarrer rückt auf die andere Seite des Stadions - vor die fast fertiggestellte neue Haupttribüne, berichtete Eisenbeiser. Ob die „12:12“-Protestaktion der Fans gegen das Sicherheitspaket der DFL auch beim 10. Weihnachtssingen zum Thema wird, ließ er offen. „Es wird interessant sein, wie ein zwölfminütiges Schweigen beim Weihnachtssingen klingt“, meinte er und fügte an: „Unioner stehen für Tradition. Sie sind aber auch immer für Überraschungen gut.“

Eisenbeiser gehörte zu jenen 89 Fans des 1. FC Union, die vor zehn Jahren über die Zäune kletterten, um einen Tag vor Heiligabend auf der Mittellinie ihres Lieblingsstadions „illegal“ Weihnachtslieder zu singen. Was damals im kleinen Kreis der „Union-Verrückten“ begann, ist längst ein Magnet geworden. Im Vorjahr kamen 18 000 Anhänger mit Liederbuch ins Stadion. In diesem Jahr berichtet der Rundfunk Berlin-Brandenburg in einer halbstündigen Sendung am ersten Weihnachtsfeiertag von dem Hauptstadt-Event.

Die Veranstalter wissen kaum noch, wie sie den erwarteten Ansturm bewältigen sollen. Schon um 16.30 Uhr werden die Stadiontore geöffnet, ab 17.45 Uhr beginnt das Vorprogramm mit besinnlichen Klängen von Bläsern, ehe ab 19.00 Uhr aus 20 000 Kehlen das „Stille Nacht“ oder „Oh Tannenbaum“ erklingen wird. Bei Glühwein und Bratwurst werden dann die hartgesottenen Unioner in ihren Fanuntensilien wieder neben Omas und Opas mit ihren Enkeln stehen und bei weihnachtlichen Klängen tausende Kerzen anzünden.

Eisenbeiser erinnert sich noch genau an die Premiere: „Wir haben das Stadion regelrecht geentert. Aber keiner hat damals dran gedacht, dass wir jemals solche Dimensionen erreichen.“ Ab 2004 hörten schon rund 500 Rot-Weiße die Weihnachtsgeschichte des Köpenicker Pfarrers Peter Müller. In den folgenden Jahren entwickelte sich das Singen zur Großveranstaltung. Die Sängerzahlen verdoppelten sich jährlich auf 1000 (2005), 2000 (2006) und 4000 (2007) und ließen die Alte Försterei in traumhaftem Lichterglanz erstrahlen.

Als 2008 das Stadion wegen der Bauarbeiten gesperrt war, wichen die Sänger in den Luisenhain vor dem Köpenicker Rathaus aus, wo sich auch 4000 Menschen drängten. Im Jahr der Einweihung der von den Fans sanierten Alten Försterei kamen 8000 Neugierige, um ihre Songs zu schmettern, 2010 waren es schon 12 000.

Obwohl die „Alt-Unioner“ jede Kommerzialisierung ablehnen, steigen mit dem Ansturm der Massen auch die Kosten. Inzwischen wird ein fünfstelliger Etat benötigt, den der Verein aber nicht allein stemmen muss. Als Sponsoren sind ein Autohaus und eine Wohnungsbaugesellschaft mit im Boot. Das Autohaus organisiert einen Shuttle-Bus, der ältere und behinderte Unioner von zu Hause abholt und ins Stadion bringt. Gefahren werden die Wagen von Ultra-Fans des „Wuhlesyndikats“ und der „Hammerhearts“.

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