Zehn Jahre 10 Jahre "Wunderbare Welt des Fußballs" - Arnd Zeigler im WZ-Interview

Bremen/Köln. Seit dem 12. August 2007 gehört die Sonntagnacht Arnd Zeigler. Lange nach dem Tatort und der Bundesliga am Sonntag entführt der gebürtige Bremer seine Zuschauer in seine „wunderbare Welt des Fußballs“.

Wegen einem "Deal" mit seinem Sohn werden die Sendungen mit Moderator Arnd Zeigler in seiner Wohnung aufgenommen.

Wegen einem "Deal" mit seinem Sohn werden die Sendungen mit Moderator Arnd Zeigler in seiner Wohnung aufgenommen.

Foto: Stefan Schmidbauer

Zum zehnjährigen Sendungsjubiläum zeigt der WDR am zehnten September um 22:15 Uhr eine Sonderausgabe mit den Höhepunkten aus 323 Folgen. Im Interview spricht er über die Anfänge der Sendung, seine Beziehung zu Jürgen Klopp und die Entwicklung des modernen Fußballs

Zehn Jahre „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ (ZwWdF) — hätten Sie zum Sendestart gedacht, dieses Jubiläum einmal feiern zu können?

Zeigler: Nein, als Radiomensch hatte ich keinerlei Fernseherfahrung. Das war totales Abenteuer: eine halbe Stunde live ohne Manuskript im Fernsehen. Da hatte ich sehr viel Respekt. Aber schon nach den ersten Sendungen habe ich mir gewünscht, dass das Format zu einer Dauereinrichtung wird. Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, etwas anderes zu machen.

Wie kam es zu der Sendung?

Zeigler: Die Idee kam von Christian Wagner, der bis zu diesem Sommer einer meiner Redakteure gewesen ist. Im Urlaub hat er eine englische Fußballsendung gesehen, in der Fans verschiedener Vereine in einer Kneipe miteinander diskutierten. Er war der Meinung, ein ähnliches Formate, bei dem ungefiltert mit Fans geredet wird, fehlt in Deutschland. Zeitgleich hat der WDR nach einem frischen Sendungskonzept gesucht.

Wie ist man auf Sie als Moderator gekommen?

Zeigler: Wagner kannte mich von meiner gleichnamigen Radiokolumne. Wenn dir dann einer sagt „Wir wollen mit dir eine Fernsehsendung machen, die auf dich zugeschnitten ist und deinen Namen trägt“, überlegst du nicht lange.

Wie sah das ursprüngliche Konzept aus?

Zeigler: Am Anfang war eine reine Call-In-Sendung geplant. Ich hatte aber schon immer ein Faible für Archive. Mit Videos aus vergangenen Fußballtagen wollten wir die Telefonanrufe auflockern. Es gab allerdings so viel Material, dass wir entschieden haben, die Sendung als Mischform aufzuziehen.

Wie viel ist von diesem Konzept heute übrig?

Zeigler: Irgendwann war es so, dass sich die Anrufer wiederholt haben. Wenn der Verein im Keller stand, waren die Fans schlecht gelaunt. Umgekehrt war es, wenn die favorisierte Mannschaft oben mitspielte. Irgendwann hatte man das Gefühl, alles gehört zu haben. Deshalb haben wir die Anruferzeiten immer weiter reduziert. Mittlerweile funktioniert das Format ganz ohne Anrufer.

Aufgenommen wird in Ihren Privaträumen in Bremen.Wer hatte die Idee?

Zeigler: Ich hatte mit meinem damals sechsjährigen Sohn die Abmachung, dass ich ihn zu jedem seiner Fußballspiele begleite. Das war mir sehr, sehr wichtig. Steffen Simon (Sportchef WDR) kam zu mir nach Bremen, um über die Ideen des Senders zu sprechen. Ich habe ihm vom Deal mit meinem Sohn erzählt. Daraus entstand die Idee, aus meiner Wohnung zu senden.

Welche Vorteile ergeben sich daraus?

Zeigler: Es gibt immer wieder Versuche, Sendungen aus dekorierten Kneipen oder Wohnzimmern zu machen. In meinen Augen sieht das nie authentisch aus. Bei uns ist es tatsächlich so, dass wir in meinem Privaträumen sind. Wenn mir während der Sendung einfällt, dass ich noch irgendwo Interessantes rumliegen habe, kann ich aufstehen und es aus dem Regal holen. Es ist eine Sendung der kurzen Wege.

Wie reagierten ihre Freunde auf den Trubel?

Zeigler: Die ersten fünf Jahre wurde aus dem Wohnzimmer gesendet. Das heißt, mein privates Umfeld musste sich verziehen und sich für die Zeit etwas vornehmen. Da war totaler Sendebetrieb mit riesen technischem Aufstand mit Auf- und Abbau. Die Technik lagerte in einer Ecke im Wohnzimmer und wurde mit einem orangen Lacken bedeckt — das beanspruchte ein Drittel des Zimmers. Der sonntägliche Trubel hat mich auf Dauer genervt und wurde zu einer Belastung. Mein Sohn war sechs, als die Sendung begann. Er dachte, alle Väter würden zuhause Fernsehsendungen aufnehmen.

Wie sieht es heute aus?

Zeigler: Wir haben 200 Meter weiter ein Haus gefunden. Da habe ich heute ein eigenes Arbeitszimmer von dem aus gesendet wird. Darin steht alles im Zeichen des Fußballs. Jetzt ist die Situation sonntags eher lustig. Meine fünfjährige Tochter freut sich, dass Leute hier rumlaufen, die Fernsehen machen, wenn sie sich ins Bett verabschiedet.

Auf den ersten Blick passt ZwWdF nicht in das Konzept des WDRs. Wieso feiert die Sendung dennoch zehnten Geburtstag?

Zeigler: Begonnen haben wir als Testballon des WDRs. Natürlich fällt die Sendung aus der Reihe, es wird aber anerkannt, dass sie eine Marke geworden ist. Beim Sender weiß man zu schätzen, dass wir im Gegensatz zu anderen Formaten eine eher junge Stammzuschauerschaft haben und viele Fans auf den sozialen Netzwerken mitbringen.

Die Sendung wird am Sonntag um kurz vor Mitternacht gesendet. Würden Sie sich manchmal einen besseren Sendeplatz für mehr Aufmerksamkeit wünschen?

Zeigler: Mir geht es nicht um die Aufmerksamkeit. Ich würde mir eine Sendezeit wünschen, an der ich einen Tick munterer bin. Die Sendung gehört mit ihrer entspannten Aufmachung zwar eher in den späten Abend, ein früherer Beginn wäre aber schön. So könnte man nach dem Abbau noch ein Bier trinken, ohne erst um drei Uhr im Bett zu liegen.

Welche Situationen sind aus zehn Jahren besonders in Erinnerung geblieben? Zeigler: Für mich war sehr spannend, dass wir im ersten Jahr permanent Pannen hatten — aber immer andere. Einmal ist mir live in einer Sendung der Scheinwerfer um die Ohren geflogen. Das gehörte aber irgendwie dazu. Man darf die Sendung nicht mit normalen Maßstäben messen. Oft machen wir Sachen, die nicht in der ARD zur besten Sendezeit laufen könnten — aber mir ist eigentlich nichts peinlich.

Welche Rolle spielten Besuche von Fußballern?

Zeigler: Nähe aufzubauen zu Leuten, die ich nur von der Tribüne kannte, war für mich immer am schönsten. Viele schauen die Sendung regelmäßig. Zu Hans Meyer habe ich beispielsweise ein gutes Verhältnis; Thomas Schaaf war hier und hat die Wohnung praktisch eingeweiht. Das bedeutet einem als Fußballfan sehr viel.

In manchen Einspielern werden Witze auf Kosten von Spielern oder Funktionären gemacht. Hat Ihnen das jemals ein Beteiligter ernsthaft übel genommen?

Zeigler: Ich weiß nicht, ob ich überinterpretiere. Als Felix Magath Trainer auf Schalke war, habe ich in einer Sendung eine Wäscheleine durch die komplette Wohnung gespannt und Fotos von Spielern aufgehängt, die er in den vorangegangenen zwei Transferperioden verpflichtet hatte. Das waren über 70 Namen. Bei einem Schalker Gastspiel in Bremen sind wir uns dann begegnet. Als er realisierte, wer da vor ihm steht, ist er grußlos an mir vorbeigezogen. Anders als Jürgen Klopp.

Sie scheinen sich ernsthaft zu mögen.

Zeigler: Ja — ich hoffe, das beruht auf Gegenseitigkeit. Bei unseren Treffen habe ich gemerkt, dass wir auf einer Wellenlänge liegen. Ich glaube, zwischen uns herrscht eine große Wertschätzung. Er hat bei unserem vielbeachteten Interview 2010 sehr gut mitgespielt, hatte aber auch Vorteile davon. Bis dahin war er bei der breiten Masse zwar als guter Trainer, nicht aber als unterhaltsamer Typ rübergekommen. Wir haben uns gut ergänzt. Das ist eine besondere Geschichte der Sendung.

Wie ist ihr Verhältnis, seit er in Liverpool trainiert?

Zeigler: Leider haben wir seitdem weniger Kontakt. Ich hoffe, ihn dort irgendwann mal zu besuchen.

Wie lange ist der Fußball noch die wunderbare Welt, die Ihr Sendungstitel proklamiert?

Zeigler: Wenn man den Transferwahnsinn dieses Sommer sieht, hat man keine Worte dafür. Das schlimme sind für mich nicht diese großen Transfers, die hat es schon immer gegeben. Vielmehr stört mich, dass der HSV mittlerweile 10 Millionen Euro bezahlen müsste, um Stafylidis von Augsburg zu kaufen — auch wenn der Transfer letztendlich nicht zustande gekommen ist. Für die Summe hätte man vor kurzem noch einen europäischen Megastar bekommen. Auf der anderen Seite hat man diese Diskussion schon vor zehn oder 20 Jahren geführt. Man muss versuchen, ein gesundes Maß im Kopf zu behalten, um zu verstehen, dass es keine Normalität ist, wenn ein Spieler für 222 Millionen Euro den Verein wechselt. Man darf es jedoch auch nicht dramatisieren.

Kann diese Entwicklung dazu führen, dass der Fußballfan Arnd Zeigler sich abwendet?

Zeigler: Nein, dafür mag ich Fußball viel zu gerne. Ich genieße es sehr, in meiner Position als Stadionsprecher dicht dran zu sein. Ich liebe es, am Spielfeldrand zu stehen und den Rasen zu riechen. Wenn die Spieler im Tunnel an mir vorbeilaufen, ist das noch immer aufregend. Das wird nie Routine. Ich bin zu sehr infiziert.

Was müsste sich im Geschäft Fußball ihrer Meinung nach dennoch ändern?

Zeigler: Die beteiligten Vereine müssen sich über ihre moralische Verantwortung klar sein. Es darf nicht sein, dass Borussia Dortmund die Leidtragenden sind, weil der Spieler Dembele ihnen auf der Nase rumtanzt. In meinen Augen hätte Barcelona darauf bestehen müssen, dass der Spieler sich anständig verabschiedet. Es darf unter den Vereinen keinen Moralverfall geben — sie müssen sich auf Augenhöhe begegnen. Die Vereine sitzen in einem Boot. Es nützt nichts, wenn die Spieler sich von einem Klub zum nächsten streiken. Das darf nicht zur Regel werden.

Wie lange wird es ZwWdF noch geben?

Zeigler: Solange ich kann. Ich kann mir ein Leben ohne die Sendung nicht mehr vorstellen.

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