Fußball: Warum Profi Rau Lehrer werden will

Mit 27 Jahren auf der Suche nach neuen Zielen. „Es ist eine Entscheidung für das Lehramt und nicht gegen den Fußball.“

Bielefeld. Springen wir in das Jahr 2016 und nehmen eine beliebige Schule in Deutschland. Der neue Sportlehrer betritt die Halle, einen Fußball unter dem Arm. Der Pädagoge kickt aus Spaß ein wenig mit, demonstriert die hohe Kunst von Technik und Torabschluss und sorgt für verdutzte Gesichter. Kaum ist die Penne aus, wird der Pauker gegoogelt. Allgemeines Staunen: Tobias Rau, siebenfacher Nationalspieler mit einem Tor gegen Kanada; Bundesligaspieler beim VfL Wolfsburg, Bayern München und Arminia Bielefeld - das ist der neue Sportlehrer.

Diese Vision könnte in sieben Jahren vielleicht Wirklichkeit werden, denn Tobias Rau ist seit dem 30. Juni offiziell kein Fußballprofi mehr, sondern angehender Lehramtsstudent der Universität Bielefeld.

"Ich wollte immer schon Lehrer werden", sagt Tobias Rau und spricht von einer Entscheidung "für das Lehramt und nicht gegen den Fußball". Mit 27, einem Alter in dem andere Profis in ihrer Blüte stehen, hört Rau auf. Ausschlaggebend sei die Entscheidung der Arminen gewesen, nicht mehr mit ihm weitermachen zu wollen. "Ich hätte gern noch einmal angegriffen", sagt Rau. Aber eben nur in Bielefeld, wo er sich seit seinem Wechsel aus München 2005 sehr wohl fühlt.

Angebote aus der Zweiten Bundesliga und dem Ausland lehnte er ab. "Ich wollte nicht noch einmal woanders von vorn beginnen", erzählt Rau, der den idealen Zeitpunkt gekommen sah, etwas Neues zu beginnen, "was über die Fußballer-Karriere hinaus Bestand hat".

Ab Oktober wandelt Rau also auf den Spuren des Dortmunder Ex-Profis Knut Reinhardt, der ebenfalls ein Lehramtsstudium aufnahm und seit dem 1. Februar im Schuldienst steht. Über seine Freundin, die ihn seit dem Wechsel von Braunschweig nach Wolfsburg auf allen Stationen begleitete, hat er die Universität Bielefeld kennengelernt. Sport und Erziehungswissenschaften sollen Raus Fächer sein, später eventuell Chemie oder ein anderes Gebiet dazukommen. Auf seine Zeit als Fußball-Profi blickt er nicht im Groll zurück. Im Gegenteil.

"Wenn ich mich erinnere, war es eine wundervolle Zeit. Ich habe so viel erreicht, mehr als viele andere." Als seine schönsten Momente bezeichnet er die Einsätze in der Nationalmannschaft. Das Etikett des ewigen Talents, das nie den Durchbruch schaffte, mag er sich nicht anheften lassen. "Immer wieder musste ich mich nach zum Teil schweren Verletzungen herankämpfen. Das war nicht leicht."

Auch in Bielefeld erlebte Rau diese Rückschläge. So kam er in vier Jahren für den DSC nur auf 32 Einsätze (insgesamt 93 Bundesligaspiele, ein Tor). Ganz vom Fußball lassen wird Rau nicht. "Zusammen mit Kumpels würde ich noch kicken, vielleicht auch in einer unteren Liga, aber nie mehr als Leistungssportler."

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