Fußball: Gladbach setzt auf Israelis

21 Jahre lang spielte kein Israeli in der 1. Bundesliga. Die Borussia geht das Unternehmen Klassenerhalt nun mit einem Duo an.

Düsseldorf. In Mönchengladbach nennen sie ihn den Gaucho-Knipser. Weil er aus Argentinien kommt. Doch Roberto Colautti hat neben dem Pass seines Geburtslandes noch einen zweiten, den Israels. Bereits in der Aufstiegssaison wurde er von Maccabi Haifa an den Niederrhein gelotst.

Geboren in Buenos Aires, wurde er nach seiner Heirat mit einer Israelin vor zwei Jahren eingebürgert. Mit sechs Treffen war er bester Torschütze Israels in der EM-Qualifikation. Colautti verletzte sich aber im ersten Spiel und fiel lange aus. In der ersten Liga will er den Durchbruch schaffen. "Er weiß, wo das Tor steht", sagt Manager Christian Ziege.

Der andere Israeli im Borussen-Trikot ist Gal Alberman, Fußballer des Jahres und Double-Gewinner mit Beitar Jerusalem. Der 25-jährige Mittelfeldspieler hat für vier Jahre unterschrieben. "Er ist im Mittelfeld ein Schlüsselspieler und wird uns auf jeden Fall verstärken", preist Trainer Jos Luhukay den 18-maligen Nationalspieler an.

Zu Beginn seiner Gladbacher Zeit gibt sich Alberman betont höflich: "Die Bundesliga ist eine der besten Ligen der Welt, und hier zu spielen, ist für mich eine große Ehre."

Das war es wohl auch für zwei andere Profis, die aus Nahost kamen und ihr Glück im deutschen Fußball suchten, aber nicht fanden: Wegen seiner fußballerischen Großtaten wird sich hierzulande wohl kaum jemand an Shmuel Rosenthal erinnern.

Schon eher wegen seines Blutschwamms auf der rechten Wange und seines markanten Schnauzbarts, der an ein Walross erinnerte. Vor allem aber, weil er 1972 der erste Israeli war, der in der Bundesliga spielte.

"Er war ein netter und ruhiger Typ", erinnert sich sein ehemaliger Mitspieler Wolfgang Kleff. 1970 hatte er mit Israel bei der WM gespielt, 42 Länderspiele auf dem Buckel, als er am Bökelberg anheuerte. "Dass man ihn geholt hat, lag nicht nur an seinen Fähigkeiten. Es war auch ein Akt der Völkerverständigung", sagt Kleff.

Die Borussia war ein Vorreiter in der Annäherung an Israel. Knapp 25 Jahre nach Holocaust und Zweitem Weltkrieg bestritten die Gladbacher Freundschaftsspiele gegen die israelische Nationalmannschaft, hielten Trainingslager in Israel ab. "Shmuel war dort unser Reiseführer", sagt Kleff.

Sein Problem sei es gewesen, dass er in eine Mannschaft kam, die zu den besten Deutschlands gehörte. Außerdem war der defensive Mittelfeldspieler zwar technisch stark, aber auffälig langsam. Nach 13 Spielen und einem Tor verließ er den Klub nach einem halben Jahr wieder.

Geräuschlos lief sein Abgang nicht ab: Seine Klubkameraden wie Berti Vogts oder Günter Netzer hätten sich, so Rosenthal, nach dem Attentat bei den Olympischen Spielen in München im September 1972, bei dem elf israelische Sportler getötet worden waren, geweigert, mit ihm im selben Flugzeug, Zug oder Bus zu Auswärtsspielen zu reisen.

Borussen-Manager Helmut Grashoff trat diesen Anschuldigungen entgegen: "Über dieses Thema wurde bei uns nie gesprochen." Rosenthal spielte nachher noch bei den Oakland Stompers in den USA. Später geriet er auf die schiefe Bahn. 1997 wurde erwegen Kokainschmuggels zu 13Jahren Gefängnis verurteilt.

Die Borussia hielt indes den Kontakt nach Israel. Die alten Verbindungen seien bei der Colautti-Verpflichtung hilfreich gewesen, sagte der Gladbacher Manager Christian Ziege.

Nach Rosenthal dauerte es zwölf Jahre, ehe David Pizanti in der deutschen Eliteklasse auflief. Er unterschrieb 1985 einen Vertrag beim 1. FC Köln. "Technisch war er sehr beschlagen, aber körperlich fehlte es. Der Sprung von der israelischen Liga nach Deutschland war sehr groß", sagt Karl-Heinz Geils, der sich mit ihm bei Reisen ein Zimmer teilte.

Beide waren Abwehrspieler. Der Unterschied: Der knorrige Geils spielte meistens, Pizanti guckte sich das Geschehen oft von draußen an. Nur 19 Mal kam er in zwei Jahren zum Einsatz. "Gegen die Konkurrenz bei uns kam er nicht an: Paul Steiner, Mathias Hönerbach, Dieter Prestin, später Morten Olsen", sagt Geils. 1987 ging Pizanti, der 25Länderspiele bestritt, zu den Queens Park Rangers. Anschließend arbeitete er als Jugendtrainer in seiner Heimat.

In Alberman und Colautti versuchen sich 21 Jahre später wieder zwei Israelis in der Bundesliga. Mit neuen Hoffnungen und Ambitionen. Und mit der Chance, auf Israel aufmerksam zu machen. Als Fußball-Land.

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