Fußball/Bundesliga: Flächenbrand in München

Die Probleme des FC Bayern sind derart vielschichtig, dass kurzfristige Lösungen kaum zu haben sind.

Düsseldorf. Nach zwei Punkten aus drei sieglosen Spielen in der Fußball-Bundesliga wird beim deutschen Rekordmeister FC Bayern München wenige Monate nach Jürgen Klinsmann schon wieder alles infrage gestellt. Bayern-Präsident Franz Beckenbauer erhöhte in der "Bild" den Druck auf den Trainer: "Louis van Gaal muss am Samstag gegen Wolfsburg die richtige Antwort finden." Die Problemzonen der Bayern:

Problem Tor: Michael Rensing und Hans-Jörg Butt sind die Alternativen, damit ist viel gesagt. Butt ist als alternder Torwart von nationaler Klasse ein Mann für die Hinterhand, Rensing ist wahrscheinlich nicht einmal das, weil seine Schwächen weniger den hohen Druck verraten, unter dem der junge Mann steht, sondern seine fehlende Klasse.

Sträflich, dass Bayern hier nichts unternommen hat. Selbst wenn Manuel Neuer nicht zu bekommen war, so hätte man mit Robert Enke, den 96-Präsident Martin Kind schon vor Monaten nach München reden wollte, für einige Jahre internationale Klasse haben können.

Perspektive: Durchwurschteln. Diese Torwartdebatte wird Bayern eine ganze Saison lang nachhängen.

Problem Defensive: Nachzuvollziehen ist der Verzicht auf Lucio (zu Inter Mailand) ohnehin nicht, dass aber bislang kein Ersatz beschafft wurde, ist fahrlässig. Mit dem talentierten aber grünen Holger Badstuber und dem nie unumstrittenen Daniel van Buyten in der Innenverteidigung geht Bayern das zweite Risiko ein.

Die Alternative Demichelis ist verletzt, präsentierte sich zuletzt ohnehin schwach. Der Brasilianer Breno gilt nicht als Alternative. Vor allem in der Champions League mag man dieser Abwehr nicht vertrauen. Auch, weil die Linksfüßer Edson Braafheid und Danijel Pranjic den Ruf ihres Trainers bislang nachhaltig schädigen: Beide wollte gerade van Gaal unbedingt.

Perspektive: Sieben Tage bleiben bis zum Ende der Wechselfrist, um Fehler mit Verstärkungen zu beheben.

Problem Offensive: Was war das für eine linke Seite: Lahm, Zé Roberto, Ribéry. Geblieben ist Lahm. Den Brasilianer Zé Roberto haben die Bayern an den HSV veräußert und müssen sich jetzt dafür verhöhnen lassen, weil Hamburger Spieler wie Piotr Trochowski rausgefunden haben, niemals mit einem besseren Fußballer zusammengespielt zu haben.

Und Ribéry? Soll im zentralen Mittelfeld spielen. Wenn nicht gerade Baumjohann, Müller, Sosa oder sogar Klose auf dieser Position getestet werden. "Ich taste noch immer ab, was der richtige Spielstil ist", sagt van Gaal.

Perspektive: Der Trainer will die Mittelfeldraute, hat aber keinen Leistungsträger für die zentrale Position hinter den Spitzen. Ein Spieler wie Diego wäre es gewesen.

Problem Trainer: So jung die Saison ist, so alt ist die Weisheit, dass sich Sturköpfe als Trainer schnell verbrauchen. Was ein deutscher Systemliebhaber wie Philipp Lahm noch lobt - nämlich die strenge Taktikschulung des Niederländers in spaßbefreiter Zone - wird anderen schnell auf die Nerven gehen.

Spaßfußballer wie Ribéry oder Toni bekommen mit dem Trainer ein Problem - wenn sie es nicht schon haben. Van Gaal ist nur im Erfolg der Fachmann mit internationalem Flair. Niederlagen machen aus ihm schnell einen unbelehrbaren Besserwisser.

Perspektive: Van Gaal braucht schnell Erfolg, um das Team hinter sich zu versammeln. Schafft er das nicht, droht ihm ein Schicksal wie Klinsmann.

Problem Stimmung: Die Bayern sind nicht mehr unantastbar, die Konkurrenz arbeitet sich schadenfreudig an ihnen ab. Der fehlende Respekt setzt den Oberen wie Uli Hoeneß oder Karl-Heinz Rummenigge sichtbar zu, dem jungen Teammanager Christian Nerlinger erschwert es den Start.

Perspektive: Entweder ziehen sich die Bayern beleidigt zurück und leiden an sich selbst, oder sie entwickeln alte Entschlossenheit. Dafür braucht es aber Führungsköpfe.

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