Fußball/ 2. Bundesliga: Millionen für Retortenklub

Im Zweifel zahlt Dietmar Hopp. 1899 Hoffenheim stößt deshalb auf viel Kritik. Doch Bernhard Peters, Sportdirektor des Vereins, verteidigt das Fußball-Modell.

Düsseldorf/Hoffenheim. Der programmierte Aufstieg von 1899 Hoffenheim geht munter weiter. Vor 17 Jahren spielte der Fußball-Klub aus dem 3200 Einwohner zählenden Stadtteil von Sinsheim im Rhein-Neckar-Kreis noch sechs Klassen tiefer. Nicht auszuschließen, dass er schon in der nächsten Saison Bayern München und Schalke 04 zu Meisterschaftsspielen begrüßen kann. Denn nach acht Spielen ohne Niederlage findet sich Hoffenheim auf Platz acht der 2.Liga wieder, mit nur fünf Punkten Rückstand auf einen Aufstiegsplatz.

Aber in welchem Stadion sollten Luca Toni und Franck Ribéry, Kevin Kuranyi und Marcelo Bordon auflaufen? Etwa im Dietmar-Hopp-Stadion, Fassungsvermögen: 6350 Zuschauer? Das neue Stadion, das wenige Kilometer weiter in Sinsheim gebaut wird, ist frühestens Anfang 2009 fertig. Könnte sein, dass sich 1899 Hoffenheim mit seinem ebenso reichen wie ehrgeizigen Mäzen Dietmar Hopp auf der Erfolgsspur selbst überholt.

Vor einem Jahr holte sich SAP-Gründer Hopp, den das "Manager-Magazin" mit einem Vermögen von 6,3 Milliarden US-Dollar auf Rang neun der wohlhabendsten Deutschen führt, einen prominenten Experten für die Sport- und Nachwuchsförderung an die Seite. Der Krefelder Bernhard Peters, 2006 Weltmeister-Trainer der deutschen Hockeyherren, tritt verbal auf die Bremse: "Wir müssen nicht unbedingt in der ersten Bundesliga sein, wenn das neue Stadion fertig wird. Da muss man mal den Ball flach halten." Erst einmal wolle sich der Klub in der 2. Liga etablieren.

Peters, der Trainer Ralf Rangnick berät und zugleich die Trainingskonzepte aller Jugendmannschaften koordiniert, fühlte sich "sehr gut aufgenommen" und "auf allen Gebieten auf einem guten Weg". Zu gut, finden manche.

Zwar haben der Mainzer Manager Christian Heidel und Dietmar Hopp nach einem heftigen Streit Burgfrieden geschlossen, doch die Kritik am Hoffenheimer Modell ist nicht ausgeräumt. Das Modell lautet, grob gesagt: Im Zweifel zahlt Dietmar Hopp. Seine soziale Ader (s. Kasten) ist für die Konkurrenz nur ein schwacher Trost, denn im Fußball kennt er nur eine Richtung: aufwärts. Und es gibt keinen vernünftigen Grund anzunehmen, dass ihn auf die Dauer irgendetwas vom Weg abbringen könnte.

Von solchen Mäzenen können andere Klubs nur träumen. Der Mainzer Manager Heidel beklagte Wettbewerbsverzerrung. Gegnerische Fans begrüßen die Hopp-Kicker mit Schmäh-Transparenten wie "Hure Hoffenheim" oder "Fankultur statt Kommerz", als gäbe es im Profifußball noch eine kommerzfreie Zone. 1899 Hoffenheim ist in der starken 2. Liga mit zahlreichen Traditionsvereinen, deren Fans die Stadien mühelos füllen, der ungeliebte Emporkömmling. Bei Auswärtsspielen bringt er 300, maximal 500 zahlende Anhänger mit. Die Vorstellung, der Klub könne ab Januar 2009 im 30000 Zuschauer fassenden neuen Stadion für volle Ränge sorgen, erscheint aberwitzig.

Zu den Vorwürfen sagt Peters: "Es ist eben ein harter Verdrängungswettbewerb, und wir sind in der komfortablen Situation, dass wir unseren Weg langfristig absichern können." Das Tempo, das Hoffenheim zu Beginn der ersten Zweitliga-Saison anschlug, sah allerdings weniger nach langfristigem, konzeptionellem Arbeiten aus. Als die ersten Spiele verloren gingen, verpflichtete Hopp kurzerhand für mehr als 20Millionen Euro vier neue, junge Spieler innerhalb einer Woche: die Brasilianer Carlos Eduardo (20) und Gustavo (20) sowie den Nigerianer Edu (21) und den Senegalesen Demba Ba (22). "Das widerspricht nicht unserem Konzept", erklärt Peters. "Wir wollen uns von beiden Seiten verstärken, mit eigenen Talenten und Zukäufen - wie in einer Klammer."

Stiftung Die Dietmar-Hopp-Stiftung, eine der größten in Europa, investierte nach eigenen Angaben von 1995 bis 2006 mehr als 115Millionen Euro in gemeinnützige Zwecke. "Man tut Dietmar Hopp Unrecht, wenn man ihn nur auf die Transfers im Profibereich reduziert", sagt Hoffenheims Sportdirektor Bernhard Peters. tgr

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