Fechten: Alltagsleiden einer Olympia-Heldin

Britta Heidemann hat bei der WM keinen Erfolg. Jetzt denkt sie über sich nach.

Paris. Britta Heidemann hatte ihr fröhliches Lachen, das die Republik einst erfasst hatte, verloren. Sie grübelte. Als der unangefochtenen "Grande Dame" der Planche das im Pariser Grand Palais Geschehene bewusst geworden war, trieben die Gedanken ihr eigenes Spiel: Ist auf dem Weg zu den Olympischen Spielen in London 2012 alles im Lot? Ist für eine Wiederholung des Gold-Triumphs von Peking das Feintuning exakt justiert?

Wohl nicht, das erkannte die 27-jährige selbst. Denn dass die Nummer eins der Degen-Weltrangliste bei einer WM bereits in Runde zwei gegen eine Frau von Position 31 verliert, kann im Fechten zwar passieren, ist aber für eine Britta Heidemann nicht normal. Die Schweizerin Sophie Lamon versetzte der Deutschen beim 13:12 im "Sudden Death" den entscheidenden Stoß - und traf die für Leverkusen startende Kölnerin tief.

"Wenn ich mental komplett auf der Höhe bin, gewinne ich das", sagte sie später. Wie ihr das so oft in der Vergangenheit gelungen ist. Auf dem Weg zum EM-Titel 2009, der auf WM-Gold 2007 und Olympiasieg 2008 folgte, lag nahezu in jedem Gefecht nur ein Treffer - zugunsten Heidemanns. Man sagt der zumeist lächelnden jungen Dame einen "Killerinstinkt" nach, getrieben von unbändigem Ehrgeiz.

Aber die Nackenschläge häufen sich. Bei der EM 2010 in Leipzig scheiterte die Titelverteidigerin Heidemann unter den besten 32 an ihrer späteren deutschen Nachfolgerin Imke Duplitzer. Und nun, bei der WM 2010 in Paris, gab sie wieder eine unglückliche Figur ab. Heldinnen fallen tief. "Es ärgert mich sehr", sagt sie.

Ursachensuche: Hat sich Heidemann, die Omnipräsente, die außerhalb der Planche eine gute Figur abgibt, von ihrem Sport zu sehr entfernt? Sie sang vor dem Championat in Köln mit der Kultband "De Höhner" ein chinesisches Volkslied, war Gast im Stadion, als der FC den HSV besiegte, lachte ihr unverwechselbares Heidemann-Lachen. Überall. Auftritte, die ihr unter die Nase gerieben werden, wenn es nicht läuft. Wie nun in Paris.

Das noch mögliche Mannschafts-Gold könnte viel auffangen. Danach will sie "vielleicht mental ’ne Pause machen". Britta Steffen, ihrer schwimmenden Gold-Kollegin von Peking, ist eine solche Auszeit vor dem Doppel-Triumph 2008 gut bekommen. Noch hat Heidemann Zeit. "Wichtig wird’s wieder bei der Olympia-Qualifikation ab Mai 2011", sagt sie. London 2012, das ist das Ziel.

Nichts bringt ihr so viel Ruhm ein wie ein Olympia-Sieg. In Peking, in der Stadt, die sie mit Hilfe ihres Sinologie-Studiums 2008 zu ihrer gemacht hatte, konnte sie das erfahren. Eine WM und eine EM sind jährliche Ereignisse. Das Gewicht aber liegt auf Olympia. Und besser erst danach wieder jenseits der Planche.

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