Experte Sörgel: Anti-Doping-Gesetz initiieren

Düsseldorf (dpa) - Der Pharmakologe Fritz Sörgel hält ein Anti-Doping-Gesetz in Deutschland für dringend erforderlich. Nachdem Politik und Sport einem solchen Vorhaben reserviert bis ablehnend gegenüberstehen, soll nach seiner Vorstellung nun der erste Mann im Staat handeln.

„Ich denke, es wäre eine Aufgabe, die beim Bundespräsidenten liegen könnte“, sagte Sörgel im Interview der Nachrichtenagentur dpa. „Er ist für mich die neutrale Position, die so eine Kommission ins Leben rufen könnte.“

In einem Gremium sollten Juristen, aber auch Naturwissenschaftler, Mediziner, Philosophen und Theologen mit den Beratungen über ein solches Gesetz beauftragt werden. „Man müsste sich anstrengen und die richtigen Leute zusammenbringen“, sagte der Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Heroldsberg bei Nürnberg. „Es müssen richtig dicke Bretter gebohrt werden. Deutschland soll Vorbild werden.“

Das Arzneimittelgesetz hält er für die Doping-Bekämpfung nicht für ausreichend. „Das deutsche Strafrecht lässt die sogenannte Selbstbeschädigung bei Drogen zu, und nun wendet man das auch auf Dopingmittel an“, argumentiert Sörgel. „Das ist nicht leicht nachvollziehbar, denn Krankenkassen denken schon lange daran, etwa Raucher höhere Beiträge abzuverlangen.“ Wie könne man dann Selbstbeschädigung mit Drogen oder Dopingmitteln zulassen, fragt er. „Außerdem sind Dopingmittel primär zum Betrug da.“

Die deutschen Staatsanwälte und Richter würden gerne diesen Sportbetrug verfolgen beziehungsweise bestrafen, dazu „brauchen sie aber Gesetze, sonst verliert jeder Staatsanwalt sein Verfahren, was er nicht gerne tut“.

Den Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Doping-Delikte, wie sie in einigen Bundesländern eingerichtet worden sind, fehlte die Rechtsgrundlage, um im Leistungssport durchzugreifen. „Dazu braucht es entsprechende Gesetze. Bisher ist das Etikettenschwindel“, kritisiert Sörgel. „Die Erfolge, von denen das Bundesinnenministerium spricht, beziehen sich hauptsächlich auf die Bodybuilder.“ Das Interesse der deutschen Öffentlichkeit gelte aber den Spitzensportlern: „Die Betrüger dort will man hart bestraft sehen.“

Bisher wehren sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und auch die Politik gegen ein Anti-Doping-Gesetz. „Die Sportverbände wollen ihre Sportler schützen und erfolgreiche Athleten behalten“, sagte Sörgel. „Das bringt der Sportart Ansehen und Geld. Und die Politik will letztendlich auch wegschauen.“

Für ihn spiegelt sich die Haltung auch bei der zögerlichen finanziellen Ausstattung der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) wider. „Die Politik spielt mit der NADA, setzt sie gehörig und inakzeptabel hoch unter Druck“, sagte Sörgel. Dies zeige auch die doch späte Bereitstellung von einer Million Euro für die NADA. „Ich interpretiere das so, dass man der NADA erst mal klar macht, dass man Wohlverhalten erwartet.“ Die NADA solle vielleicht nichts verbergen, „aber vielleicht nicht so aktiv sein, wie sie sein könnte“.

Die Feier zum zehnjährigen Bestehen der NADA am 21. November wäre für ihn ein Anlass, die Debatte über ein Anti-Doping-Gesetz erneut anzuschieben. „Jubiläen sind immer dazu da, große Reden zu halten und in die Zukunft zu weisen, was wird in zehn Jahren sein“, so Sörgel.

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