Elfte WM-Medaille für Chusovitina beim Turnen

Tokio (dpa) - Die Turn-Oma bleibt unverwüstlich. Trotz einer akuten Bauchmuskel-Verletzung hat Oksana Chusovitina im Alter von 36 Jahren mit Silber den größten Frauen-Erfolg für den Deutschen Turner-Bund in der Geschichte der Turn-Weltmeisterschaften erkämpft.

In Tokio verbuchte die gebürtige Usbekin in der Sprung-Konkurrenz ihre elfte WM-Medaille und fand das ziemlich normal. „Ich bin natürlich zufrieden. Aber das war doch nichts Besonderes“, schilderte sie bescheiden ihre nicht gerade überschäumenden Gefühle, nachdem sie mit 14,733 Punkten nur der US-Amerikanerin McKayla Maroney (15,30) den Vortritt lassen musste.

Für den Deutschen Turnerbund war hingegen der Auftritt des kleinen Sprung-Wunders etwas ganz Besonderes. Die bisher einzige Frauen-Medaille war mit Sprung-Bronze in Aarhus vor fünf Jahren auch auf Chusovitinas Konto gegangen. Unmittelbar zuvor hatte die seit 1997 in Köln lebende Chusovitina die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Ihr Weg führte sie in die Rheinmetropole, weil dort ihr an Leukämie erkrankter Sohn Alisher eine bessere medizinische Betreuung erhielt als in ihrer Heimat Usbekistan und heute als geheilt gilt.

„Die Medaille bekommt nicht Alisher“, kündigte sie in Tokio rigoros an. „Er hat schon die Silberne von Olympia. Diese hier ist nur für mich“, meinte sie. Vor etwa 6000 Zuschauern im Metropolitan Gymnasium hatte Chusovitina mit ihren beiden schwierigen Sätzen die junge Konkurrenz eingeschüchtert. Und das, obwohl sie seit zweieinhalb Monaten ein Muskelfaserriss in der Bauchmuskulatur bei Training und Wettkampf behindert. „Die Schmerzen waren immer da, zeitweise auch richtig stark“, schilderte Cheftrainerin Ulla Koch, während ihre Athletin die Probleme nur andeutete und nicht weiter darauf eingehen wollte.

Chusovitina wird nun nach Ende der Wettkampf-Saison eine zwei- bis dreimonatige Pause einlegen, um sich für Olympia richtig auszukurieren. „Gesundheit ist das wichtigste Gut. Und sie will unbedingt nach London zu ihren sechsten Spielen“, meinte Ulla Koch.

Im vergangenen Winter hatte Chusovitina, die schon 1991 Weltmeisterin war, als die meisten WM-Turnerinnen von Tokio noch gar nicht geboren waren, arge Zweifel. „Im Kopf war da eine Blockade. Werde ich überhaupt noch springen können?“, fragte sie sich. Seit der EM in Berlin sei dies gelöst. „Jetzt kann ich wieder besser springen“, berichtete sie ohne jede Euphorie. Zwei Operationen an der Schulter und eine an der Achillessehne hatten ihr nach Olympia in Peking lange Pausen aufgezwungen. Doch mit Ehrgeiz und vorbildlicher Lebensweise fand sie den Weg aus dem Tal.

Einen Tag nach seinem dritten Mehrkampf-Triumph vor Philipp Boy sicherte sich Japans Turn-König Kohei Uchimura auch den Titel am Boden. Am Pauschenpferd wiederholte der Ungar Krisztian Berki seinen Vorjahreserfolg, an den Ringen dominierte zum siebten Mal in Serie seit 2003 ein Chinese: Chen Yibing verteidigte seinen Titel von Rotterdam mit Erfolg. Am Stufenbarren holte sich die 16-jährige Victoria Komowa aus Russland ihren ersten WM-Titel, nachdem sie im Mehrkampf nur hauchdünn Jordyn Wieber (USA) unterlegen war.

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