WM-Charaktertest: Cortina und der Ruf einer Sportart

Berlin (dpa) - Abstieg oder Klassenverbleib, Viertelfinale oder Vorrunden-Aus - an schnöden Ergebnissen und Platzierungen will sich Pat Cortina bei der Eishockey-Weltmeisterschaft nicht messen lassen.

Der Bundestrainer hat Wichtigeres im Auge.

„Wir müssen zeigen, wie es um das deutsche Eishockey bestellt ist“, sagte Cortina in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Für ihn steht nicht weniger als der Ruf der Sportart hierzulande auf dem Spiel.

Natürlich geht es auch um Wiedergutmachung, die blamable Vorrunde der WM 2012 und das noch schlimmere Aus in der Olympia-Qualifikation im Februar haben Spuren hinterlassen. Beide Turniere „haben wir in dem Wissen beendet, nicht unser bestes Eishockey gezeigt zu haben“, meinte Cortina. Sein selbst erklärtes WM-Ziel lautet daher: „Wir wollen das Turnier mit gutem Gefühl und der Gewissheit verlassen, dass wir zeigen konnten, wie deutsches Eishockey aussieht.“

Dazu berief der Trainer am Montag 25 Spieler in sein vorläufiges Aufgebot. Überraschend gestrichen wurde dabei Stürmer Marcel Müller, dafür erhielt der erst 21 Jahre alte Marcel Noebels aus der unterklassigen nordamerikanischen AHL eine Chance. Insgesamt stehen je sechs Profis der Kölner Haie und Adler Mannheim im Kader. Vier Spieler kommen von Meister Eisbären Berlin, darunter auch die zuletzt angeschlagenen und deswegen fraglichen Frank Hördler und Rob Zepp.

Wie erwartet stehen auch die beiden NHL-Stars Christian Ehrhoff und Marcel Goc erstmals im Kader, sie sollen am Donnerstag in Helsinki zum Team stoßen. Der Länderspiel-erfahrenste Profi ist Christoph Ullmann von den Adler Mannheim mit 131 internationalen Partien - Noebels stand am vergangenen Wochenende bei den beiden Testspielen in der Schweiz erstmals für die A-Auswahl auf dem Eis.

In Finnland soll der Abstieg mit allen Mitteln verhindert werden - ein Selbstläufer wird dies aber trotz einer Truppe mit prominenten Leistungsträgern aus der NHL und etlichen Profis der in diesem jahr besten DEL-Teams nicht. Im Gegenteil: Mehr denn je fordert Cortina von seinen Schützlingen: „Wenn wir nicht bereit sind, uns auf den Kampf einzulassen, dann werden wir unser Ziel nicht erreichen.“

Ist das nun Understatement oder eine ernst gemeinte Warnung? „Wir dürfen niemanden unterschätzen“, sagt der Italo-Kanadier. Er muss es wissen, erlebte er doch in der Olympia-Qualifikation gegen Italien und Österreich nur wenige Monate nach dem Amtsantritt seine erste dunkle Stunde hinter der Bande des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB).

Dass der Optimismus durch diese Schlappen und zuletzt sieben Niederlagen in acht Testspielen gelitten hat, ist verständlich. Kapitän Michael Wolf meint: „Wir müssen uns das Selbstvertrauen hart erarbeiten.“ Der Charakter der Mannschaft wird gleich am ersten WM-Wochenende auf eine harte Probe gestellt, zum Auftakt trifft die DEB-Auswahl am Freitag (19.15 Uhr) auf Gastgeber Finnland und am Sonntag (15.15 Uhr) auf Titelverteidiger Russland - Siege gegen die beiden Eishockey-Schwergewichte wären eine Sensation.

„Wir müssen geduldig sein. Diese Spiele werden nicht unser Turnier entscheiden“, sagte Coach Cortina im Vorfeld. Von Anfang an will er sehen, dass das Team seine Philosophie verstanden hat. „Hart spielen, defensiv gut stehen, einfach spielen, den Puck zum Tor bringen, so oft schießen wie möglich, mit dem Körper nachgehen: So werden Spiele auf diesem Niveau entschieden“, betont der Bundestrainer. „Bring den Puck zum Tor und geh hinterher! Das ist keine Hexerei.“

Mit einem letzten Kraftakt nach einer langen Saison soll sich die Auswahl für die jüngsten Rückschläge rehabilitieren. Dass die Arbeitsmoral der Kufencracks im Nationaldress passt, davon ist Cortina überzeugt. „Die Spieler tun das nicht für das Geld. Sie werden nicht bezahlt. Es geht um die Ehre“, findet der Coach.

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