Profi am Pazifik: Russland-Abenteuer für Felix Schütz

Moskau (dpa) - Von Bayern nach Sibirien und dann immer Richtung Osten: Für Eishockey-Nationalspieler Felix Schütz ist es von seiner deutschen Heimat aus zu seinem neuen Arbeitsplatz ein weiter Weg.

Profi am Pazifik: Russland-Abenteuer für Felix Schütz
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Seit fünf Monaten spielt der 26-Jährige in Russland, aber nicht in einer Metropole wie Moskau oder St. Petersburg. Schütz schnürt seine Schlittschuhe für Admiral, den Club der Hafenstadt Wladiwostok am Pazifik. Nur 150 Kilometer sind es von hier bis Nordkorea - aber fast 10 000 Kilometer allein bis Moskau. „Passt scho“, meint der Bayer.

Für Schütz ist das Engagement in der zweitstärksten Eishockey-Liga der Welt, der KHL, ein gut bezahltes Abenteuer. Seine bisherige Bilanz ist positiv: neun Tore, 14 Vorlagen - auch deswegen schnuppert Liga-Neuling Admiral an den Playoff-Plätzen. Schütz ist der erste in Deutschland geborene Profi ohne russische Wurzeln in der KHL. „Ohne Eishockey wäre ich in diese Ecke wohl nie gekommen“, sagt Schütz der Zeitung „Sport Express“. Wladiwostok sei schöner als viele denken. „Wegen der Bucht ähnelt die Stadt ein wenig San Francisco.“

Zu Sowjetzeiten war Wladiwostok als ein Sitz der Pazifikflotte eine „verbotene Stadt“. Allein in den vergangenen Jahren pumpte der Kreml aber mehr als 16,5 Milliarden Euro in die dünn besiedelte Region, um die massive Abwanderung zu stoppen. So ließ Präsident Wladimir Putin mit deutscher Hilfe zwei gigantische Brücken bauen und an der zerklüfteten Küste eine Eishockeyhalle aus dem Boden stampfen.

Der Verein habe Schütz nach der Weltmeisterschaft 2013 in Helsinki kontaktiert und das ehrgeizige Projekt vorgestellt, teilt Admiral mit. Da war der Club gerade erst von Ex-Profi Alexander Mogilny in Absprache mit KHL-Chef Alexander Medwedew gegründet worden.

Admiral ist ein Beispiel für Medwedews gewaltige Pläne: Derzeit treten 21 russische Vereine sowie je ein Club aus Tschechien, der Slowakei, Kroatien, Lettland, Weißrussland, Kasachstan und der Ukraine in der KHL an. Medwedews Traum ist eine Superliga mit 60 Mannschaften. Er plant die Erweiterung für 2015 - zuvor soll aber bei den Olympischen Spielen im Februar in Sotschi Eishockey-Gold her.

Als Konkurrent der nordamerikanischen Profiliga NHL sieht sich die Kontinentale Hockey-Liga KHL, die mit Milliarden aus dem Energiegeschäft finanziert wird. Ligaboss Medwedew ist im Hauptberuf Vizechef des Hauptsponsors Gazprom. Schon jetzt bescheinigen Experten der KHL viel Niveau. „Es ist läuferisch und technisch die stärkste Liga, in der ich gespielt habe“, sagt Schütz dem Sender Rossija-24.

Viele betrachten Medwedews Expansionspläne mit Skepsis, auch wegen der immer entfernteren Spielorte. Schnell kommen bei Auswärtspartien von Wladiwostok 10 000 Kilometer zusammen - das wäre so, als wenn die Eisbären Berlin zu einem Ligaspiel nach Kapstadt in Südafrika reisen müssten. Zudem gelten in Russland neun Zeitzonen. „Wer im Flugzeug nicht schlafen kann, hat ein Problem“, räumt Schütz ein.

Der Deutsche ist Reisen gewöhnt. Außer den Engagements in Köln und Ingolstadt spielte er in Kanada und den USA. „Ich bin unterwegs, seit ich 14 bin“, sagt der Angreifer. Mit seinem 2:1-Siegtreffer gegen die USA im Eröffnungsspiel der WM 2010 in Deutschland war er einem größeren Kreis bekanntgeworden. Ob er in der 600 000-Einwohner-Stadt Wladiwostok bleibt? „Ich lasse mich überraschen“, meint Schütz.

Die Sprachbarriere sei natürlich ein Problem - und die Mentalität. „Die meisten russischen Mitspieler sind leise, fast schüchtern“, erzählt Schütz. Der Kontakt zu den anderen Ausländern bei Admiral, Kanadier sowie Schweden und Finnen, ist für ihn enger - und auch zu den Trainern. Chefcoach Sergej Swetlow arbeitete einst in Ratingen und Kaufbeuren und besitzt sogar einen deutschen Pass. Swetlows Vize Alexander Seliwanow spielte einst erfolgreich in Krefeld.

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