„Einfach unglaublich“: Volleyballer vor WM-Medaille

Kattowitz (dpa) - Nach dem historischen Einzug ins WM-Halbfinale war bei den deutschen Volleyballern Ruhe angesagt.

„Einfach unglaublich“: Volleyballer vor WM-Medaille
Foto: dpa

Bundestrainer Vital Heynen gab seinen Spielern bis auf ein Krafttraining frei. Georg Grozer und Co. sollten neue Kraft sammeln, um den letzten Schritt zur ersten deutschen WM-Medaille seit Gold für die DDR vor 44 Jahren zu gehen.

„Ich habe wirklich an das ausgegebene Ziel Medaille geglaubt. Aber natürlich muss ich mich auch kneifen: Eine deutsche Mannschaft ist erstmals seit 1974 wieder unter den vier besten Teams der Welt“, sagte Chefcoach Heynen. Am Mittwochabend hatte sich Deutschland nur 24 Stunden nach der 0:3-Pleite gegen Frankreich mit einem 3:0 gegen den Iran sogar aus eigener Kraft ins Halbfinale geschmettert. Auf dem Weg ins Endspiel wollen sich die DVV-Männer im Halbfinale am Samstag auch von Gastgeber Polen nicht aufhalten lassen. Das erste Semifinale des Tages bestreiten Frankreich und Titelverteidiger Brasilien.

Auch viele Spieler schüttelten nach dem sensationellen Comeback ungläubig den Kopf, konnten überhaupt nicht glauben, dass sie es tatsächlich geschafft haben. Matchwinner Grozer, der das Duell gegen den Iran mit 23 Punkten und einer unglaublichen Aufschlagserie vom 9:12 zum 18:12 fast im Alleingang gewonnen hatte, war besonders emotional: „Das ist einfach unglaublich. Wir haben einen großen Schritt Richtung Medaillentraum gemacht“, sagte der Diagonalangreifer.

Als er nach dem Match erschöpft auf dem Spielfeld saß, kam neben den Spielern und Chefcoach Heynen auch Verbandsboss Thomas Krohne zum Gratulieren. Der Medienunternehmer war nur für das Spiel nach Kattowitz geflogen. „Man muss mal klar sagen, dass Georg Grozer einer der drei weltbesten Spieler ist“, lobte ihn Krohne und hob zudem noch die Leistung des Trainers heraus: Heynen sei es gelungen, „das Potenzial aus den Jungs herauszukitzeln.“

Vor allem schaffte es der Belgier, die Mannschaft nach der schwachen Leistung gegen Frankreich wieder aufzurichten. „Nach so einem Scheißspiel versuchst du, die Mannschaft umzudrehen, eine andere Dynamik, einen anderen Biss reinzubringen. Dann hoffst du darauf, dass das Spiel gut losgeht“, erklärte Heynen. „Und es ist gut losgegangen. Wir lagen in den Sätzen meist in Führung und der Iran hat uns nach unserer Leistung gegen Frankreich natürlich auch unterschätzt. Entscheidend war aber vor allem, dass ich Biss bei meiner Mannschaft gesehen habe.“

Der war in den verlorenen Viertelfinals gegen Bulgarien 2012 bei den Olympischen Spielen und 2013 bei der Europameisterschaft so nicht zu spüren gewesen. Diesmal zeigte die Mannschaft in schwierigen Momenten eines entscheidenden Spiels endlich Emotionalität und Kampfgeist. Spielmacher Lukas Kampa spielte im dritten Satz weiter, obwohl er mit dem Fuß umgeknickt war; Grozer machte trotz schmerzender Schlagschulter ein überragendes Spiel.

Weil das deutsche Team beim 3:0 gegen den Iran mit 20 Ballpunkten Vorsprung gewann, reichte das trotz des 0:3 gegen Frankreich mit 15 Ballpunkten Defizit in der Dreiergruppe definitiv zum Halbfinal-Einzug. „Das ist eine Sensation für den Volleyball in Deutschland. Jetzt wollen wir natürlich auch eine Medaille“, sagte Verbandschef Krohne. „Die Farbe ist egal.“

1970 hatte die DDR Gold gewonnen, das bis dato einzige Edelmetall für ein deutsches Team in der WM-Geschichte. Um es tatsächlich aufs Podest zu schaffen, braucht das deutsche Team jetzt noch einen Sieg in den verbleibenden zwei Matches.

Vielleicht werden diese Partien auch im frei empfangbaren Fernsehen übertragen. „Ich habe noch vor dem Spiel gegen den Iran mit Verhandlungen mit Sport1 begonnen, die Interesse daran haben, beide Halbfinals und ein etwaiges Finale der DVV-Männer im Free-TV zu zeigen“, erklärte Krohne. Er hofft auf eine rasche Einigung. Bislang konnten deutsche Volleyball-Fans die WM-Partien nur im Internet über das Portal sportdeutschland.tv verfolgen.

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