Ein Videobeweis, den alle loben

Schiedsrichter Dingert zeigt in Gladbach, wie es geht. Hazard verwandelt gegen Hannover den Elfmeter in der Nachspielzeit ganz cool.

Ein Videobeweis, den alle loben
Foto: dpa, Witters (3)

Mönchengladbach. Nein, von den Sitzen gehauen hatte das Spiel zwischen Borussia Mönchengladbach und Hannover 96 wahrlich niemanden. Und weil es wegen der verspäteten Anreise der Gäste auch noch mit elfminütiger Verspätung angepfiffen worden war, machten sich nicht wenige der 50 542 Zuschauer so gegen 17:20 Uhr schon mal auf den Heimweg. Dumm gelaufen. Denn was danach im Borussia-Park bis 17:34 Uhr noch folgte, hätte sie für die zuvor zähe Veranstaltung mehr als nur entschädigt.

Ein Videobeweis, den alle loben
Foto: dpa, Witters (3)

Zwei nach Standard-Situationen erzielte Tore von Matthias Ginter für die Borussia (67.) und Martin Harnik für den Aufsteiger (71.) hatten für ein leistungsgerechtes 1:1 gesorgt, als Harnik in der 87. Minute aus zwei Metern Entfernung nur die Latte des Gladbacher Tores traf. Ein Stück tiefer gezielt und die Fohlen-Elf wäre wohl als Verlierer vom Platz gegangen.

Ein Videobeweis, den alle loben
Foto: dpa, Witters (3)

Stattdessen entschied Schiedsrichter Christian Dingert in der Nachspielzeit auf Strafstoß für das Team von Trainer Dieter Hecking. Und wurde von Video-Assistent Wolfgang Stark in Köln gleich mal zurückgepfiffen. Es folgte Kommunikation via Headset. Schließlich schritt Dingert auch noch zum Fernseh-Gerät in einer eigens eingerichteten neutralen Zone an der Mittellinie. Endlose zwei Minuten wartete Thorgan Hazard am Elfmeterpunkt derweil mit dem Ball in der Hand, ob er denn nun schießen dürfe. Er durfte schließlich. Und er traf ziemlich unbeeindruckt. Borussia gewann in der 94. Minute mit 2:1. „Ich war zwar angespannt, aber eigentlich doch ganz gelassen. Aus meiner Sicht war es ja ein Elfmeter“, sagte Matthias Ginter.

Horst Heldt, Hannovers Manager, zum Videobeweis in der Nachspielzeit

Recht hatte Gladbachs Innenverteidiger und Recht hatte auch Schiedsrichter Dingert. Sogar von Anfang an. „Ich musste in der Nachspielzeit eine Entscheidung treffen, die den Ausgang des Spiels verändern konnte. Da wollte ich auf Nummer sicher gehen“, sagte Dingert. Natürlich dauerte dies, doch letztlich führte es nicht nur zur korrekten Entscheidung. Wo früher die Betroffenen getobt hätten, blieben sie jetzt gelassen. „Der Fußball soll gerechter werden. Dazu hat der Schiedsrichter heute all seine Optionen genutzt“, sagte Horst Heldt.

Wie der Manager von Hannover 96, so reagierte auch Trainer André Breitenreiter. „Mein Spieler Salif Sané hat eine falsche Entscheidung getroffen und ist gegen Vincenzo Grifo ins Tackling gegangen. Dabei gab es einen Kontakt, also war der Elfmeter berechtigt“, sagte der 43-Jährige. Für ihn war es im 17. Spiel als Trainer der Niedersachsen die allererste Niederlage, für seinen Kollegen Dieter Hecking nach dem 1:6 bei Borussia Dortmund mehr als nur ein Pflicht-Erfolg. „Schauen Sie auf die Tabelle. Wir sind vorne mit dabei.“

Dafür gesorgt hat am Ende Thorgan Hazard. Ausgerechnet Hazard — der nach seinen doch recht kläglich vergebenen Chancen in Dortmund in der Kritik stand — übernahm die Verantwortung. „Ich weiß, dass ich im Abschluss besser werden muss. Ich habe auch kurz mit Lars Stindl gesprochen, und er meinte, dass ich schießen soll“, sagte der Belgier und erklärte dann: „Das lange Warten war nicht einfach. Ich habe angefangen zu überlegen. Schieße ich nach links, nach rechts oder in die Mitte. Entschieden habe ich mich erst in letzter Sekunde.“

Ein Sieg auf den letzten Drücker. Erzwungen, weniger erspielt. Einmal mehr fehlte es dem Hecking-Team an Fantasie, oft wirkte sie schwerfällig und im Passspiel ungenau. „Es stand viel auf dem Spiel. Wir wussten, dass wir nur mit einem Sieg oben dabei sind“, sagte Trainer Hecking und fügte hinzu: „Dank Thorgan haben wir es geschafft. Toto ist bei Elfmetern ein echter Eisvogel.“ Der heimliche Held am Samstag aber hieß Christian Dingert.

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