DOSB erwägt Verschärfung von Förderauflagen

Frankfurt/Main (dpa) - Aufgeschreckt vom bedrohlichen Ausmaß der staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen den umstrittenen Sportmediziner Andreas Franke erwägt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) eine Verschärfung der Förderauflagen für seine Olympiastützpunkte.

„Nach dem Abschluss der Untersuchungen wäre es ein denkbarer Schritt, dass wir einerseits die Ärzte an den Olympiastützpunkten noch stärker in die Pflicht nehmen und andererseits bei den zuständigen Organisationen der Ärzte dafür werben, die schwarzen Schafe auch mit berufsrechtlichen Sanktionen zu belegen“, sagte DOSB-Präsident Thomas Bach der Nachrichtenagentur dpa.

Am Rande des DOSB-Neujahrsempfangs in Frankfurt verlieh Bach zugleich seiner Hoffnung Ausdruck, dass es zu einer intensiven Aufarbeitung der Causa Franke kommt. „Wir vertrauen darauf, dass die zuständigen Justizbehörden und die NADA diese Fragen zügig und umfassend aufklären, so dass bald möglichst alles auf dem Tisch liegt und die nötigen Konsequenzen gezogen sowie gegebenenfalls die Verantwortlichen sanktioniert werden können“, erklärte Bach.

Allerdings wird kontrovers diskutiert, ob die UV-Bestrahlung des Blutes von 28 Sportlern durch Franke zum Zeitpunkt der Durchführung strafbar war oder es sich damals eher um ein zwar umstrittenes, aber legales Verfahren handelte, mit dem der Mediziner gutes Geld verdient hat.

„Am besten gesichert ist der ökonomische Nutzen für den Anwender. Schon nach fünf Patienten hat sich das Gerät amortisiert. Also insgesamt ein finsteres Kapitel der Irreführung von Patienten und Sportlern“, sagte Gerhard Ehninger, Direktor des Zentrums für Innere Medizin am Universitätsklinikum der TU Dresden, der dpa.

Ähnlich äußerte sich der am 29. Januar in einem ARD-Bericht namentlich erwähnte Radsportler Marcel Kittel, der von Franke medizinisch betreut wurde. Er habe die Behandlung mehrfach gemacht, „wenn ich krank war, also niemals mit dem Ziel zu dopen“, sagte Kittel dem Radiosender „MDF info“. Im Frühjahr 2008 habe er entschieden, „das möchte ich nicht mehr, das ist eine komische Sache“. Kittel betonte, er habe nicht erkennen können, dass dadurch sein Krankheitsverlauf verbessert worden sei.

Die Veröffentlichung der Liste von Sportlern, die bei Franke in Behandlung waren, bezeichnete Kittel als den „so ziemlich schlimmsten Tag“ in seinem Leben. Es habe ihm „sehr weh getan“, seinen Namen in der ARD-Sportschau zu lesen - „vor wahrscheinlich Millionen von Leuten“. Der ebenfalls genannte Nils Schumann war ähnlich erschüttert. „Ich bin mir sicher, in meiner Karriere nichts Verbotenes getan zu haben“, sagte der 800-Meter-Olympiasieger von 2000 der „Thüringer Allgemeine“. „Ich bin erschrocken, wie da mit Schicksalen gespielt und was da hochgekocht wird. Ich behalte mir deshalb auch vor, mit einem Rechtsanwalt gegen die ARD vorzugehen“, erklärte Schumann.

Franke hatte in einer am 30. Januar veröffentlichten vierseitigen Verteidigungsschrift mit Nachdruck erklärt, dass es sich bei der UV-Blutbestrahlung „aus medizinischer und juristischer Sicht“ nicht um Doping handele. Er habe sie zur Vorbeugung von Infekten angewandt. Dem widersprach jedoch Ehninger. Es komme bei der Anwendung dieser Therapie vielmehr „zu einer Verminderung der Immunabwehr“.

Wie auch immer: Die chronisch unterfinanzierte und personell dünn besetzte Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) steht in den kommenden Monaten vor einer Herkulesaufgabe. „Jeder Fall muss einzeln verfolgt und überprüft werden. Das geht nicht von heute auf morgen“, sagte NADA-Sprecher Berthold Mertes. Rückendeckung erhalten die Bonner von Bach: „Die NADA handelt sehr verantwortungsvoll und folgerichtig. Die NADA kann nicht auf bloße Verdachtsmomente hin Sanktionen herbeiführen“, sagte er.

Die DOSB-Führung wird in den nächsten Wochen - allerdings unabhängig vom Erfurter Fall - mit Vertretern des Bundesinnenministeriums an einem Runden Tisch über die künftige Ausstattung der NADA verhandeln. „Wir werden uns über die nachhaltige Finanzierung der NADA Gedanken machen“, kündigte Bach an.

Für den DOSB kündigte er eine umfassende Aufarbeitung an. „Wir werden uns selbstverständlich nach Abschluss der Ermittlungen nicht nur den Olympiastützpunkt Erfurt anschauen, sondern uns auch sehr sorgfältig das System der Benennung dieser Olympiastützpunktärzte anschauen und überprüfen, ob weitere Schritte unternommen werden können“, erklärte der DOSB-Chef.

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