Dominanz: Boll-Team und China in anderer Liga

Dortmund (dpa) - Deutschlands Tischtennis-Star Timo Boll nutzte nach einer fantastischen WM-Vorrunde den spielfreien Donnerstag zu Interviews mit dem chinesischen Staatssender CCTV, zu einem individuellen Training und zu einem Spaziergang mit seinem Hund Carry.

„Das ist die beste Möglichkeit, den Kopf frei zu bekommen“, erklärte Boll. Seine Kollegen absolvierten eine Extra-Schicht in Herne, um dem WM-Trubel in der Dortmunder Trainingshalle zu entgehen.

Für Kopfschmerzen gab der bisherige WM-Verlauf keinen Anlass. In China, Deutschland, Japan und Südkorea qualifizierten sich die vier favorisierten Teams direkt für das Viertelfinale. Die Dominanz der Gastgeber und der Chinesen verblüffte aber schon. 5:0 Siege, 15:0 Spiele, 45:4 Sätze für Rekordweltmeister China, 5:0 Siege, 15:0 Spiele, 45:12 Sätze für Europameister Deutschland - die nackten Zahlen sprechen für sich und beschreiben die Machtverhältnisse im Welt-Tischtennis ziemlich exakt.

„Chinas Auftritte hatte ich so erwartet. In unserer Mannschaft steckt viel Potenzial, die anderen Teams haben einige Male gewackelt“, analysierte Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig vom Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB). Er warnte davor, sich schon vor Beginn der K.o.-Runde mit einem möglichen Finale gegen China zu befassen. „Die Spiele haben jetzt einen anderen Charakter. Die anderen Mannschaften werden sich gegen uns zerreißen“, sagte Schimmelpfennig vor dem Viertelfinale gegen Schweden oder Portugal am Freitag.

„Wir stehen noch nicht im Finale, die Chinesen auch nicht“, sagte Boll. Ein hartes Training mit seinem Teamkollegen Dimitrij Ovtcharov ist für ihn wichtiger als ein WM-Spiel gegen Serbien. Das ist keine Überheblichkeit, sondern zeigt, wie sehr er auf das WM-Ziel Finale fokussiert ist. Die Chinesen verfolgen die Auftritte der deutschen Spitzenspieler Boll und Ovtcharov sehr genau und halten sie auf Video fest. „Das kenne ich schon. Ich habe keine Geheimnisse, sie sollen ruhig zuschauen“, sagte der Weltranglisten-Sechste Boll. Er spielte bisher sehr souverän, wirkt locker und dabei dennoch konzentriert.

Boll hatte zuletzt im Sommer 2011 als Gast für zwei Monate in Chinas Superliga gespielt. „Ich habe davon mehr profitiert als die Chinesen, die mich analysieren konnten“, sagte der 31 Jahre alte Linkshänder von Borussia Düsseldorf. Von der schmerzhaften Schulterverletzung, die ihn zu Jahresbeginn zu mehreren Turnier-Absagen zwang, ist in Dortmund nichts mehr zu spüren.

Die ganz großen Brocken aus Asien warten noch auf das DTTB-Team. Auf dem Weg ins Endspiel könnte Japan im Halbfinale ein Stolperstein sein. Die Asiaten, die 2014 in Tokio die nächste Team-WM ausrichten, sind stark von der Form ihres Spitzenspielers Jun Mizutani abhängig. Das Boll-Team ist auf alle Konstellationen vorbereitet. „Wir haben trotz der klaren Vorrunden-Ergebnisse Luft nach oben“, sagte Bundestrainer Jörg Roßkopf.

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