Dirk Nowitzki: Sein langer Weg zur NBA-Legende

Wie aus Dirk Werner Nowitzki aus Würzburg einer der besten Basketballer der Welt wurde.

München. Es ist kalt in München-Grünwald. Auf der vereisten Leichtathletik-Bahn der Sportschule drehen ein paar Jugendliche ihre Runden. Wer gut abschneidet, sagen die, die am Rand stehen, darf auf einen Platz in der Nationalmannschaft hoffen. In der Mitte des Feldes trottet ein strohblonder Junge, irgendwann überholen ihn zwei Mädchen.

Der Junge ist 14 Jahre alt. Er läuft mit Bayerns besten Jugendbasketballern, überragt die meisten mit seinen 1,89 Metern. Dirk Werner Nowitzki schneidet mittelmäßig ab in dieser Kälte. In die Nationalmannschaft kommt er trotzdem. Ein paar Jahre später spielt er für die Dallas Mavericks in der NBA.

„Den Sinn eines Cooper-Testes habe ich noch nie kapiert. Und Dirk auch nicht“, sagt Pit Stahl. Er sah Nowitzki auf dem Hinterhof der Familie in Würzburg auf einen Korb werfen. 1989 bringt er ihn in die Unterfrankenauswahl. 1990 steht die D-Jugend der DJK Würzburg im Finale der bayerischen Meisterschaft. Stahl ist ihr Trainer, kurz vor dem Spiel überredet er Nowitzkis Eltern, dass ihr Sohn mitspielen darf. Der Vater war Bundesligahandballer, die Mutter und die Schwester spielten in der Basketball-Nationalmannschaft. „Trotzdem war es nicht leicht“, sagt Stahl.

Der Junge ist beim Handball angemeldet. Im Tennis ist er in Bayern Viertbester seines Jahrgangs — nur gegen einen gewissen Thomas Haas verliert er immer wieder. Und Nowitzki verliert nicht gerne.

Schnell wird er in die Auswahlen berufen. Sobald er einen Ball in der Hand hat, blüht er auf. „Dirk war immer zielstrebig und fleißig. Aber nur bei Dingen, in denen er einen Sinn sieht. Man muss ihm erklären, warum er etwas machen soll“, sagt Stahl.

Er lässt den Lulatsch auf Positionen für Kleine spielen. „Einen Großen unter den Korb stellen kann jeder“, sagt er und setzt ihn als Aufbau und Flügel ein. Und der dribbelt, wirft, passt und bewegt sich, als wäre er 1,70 Meter groß. Nowitzki ist 14 Jahre alt, da sagt Stahl bei einem Grillfest: „Der wird mal besser als Toni Kukoc.“ Der Kroate war damals gerade auf dem Weg in die NBA, und die Grillfest-Gesellschaft, erinnert sich Stahl, lachte.

„Dann“, sagt Stahl, „ist der Geschwindner dazugestolpert.“ Holger Geschwindner gilt heute als Nowitzkis Entdecker. Was an Stahl nagt. Denn Geschwindner, der ehemalige Kapitän der Nationalmannschaft, sieht Nowitzki erst 1995. Geschwindner wird Nowitzkis Mentor, einige behaupten: sein Guru. In der Szene gilt er als „Spinner“. Der Naturwissenschaftler bietet Nowitzkis Eltern an, ihren Sohn zu einem der besten Basketballer der Welt zu formen. Sie sagen Ja.

In der Elften will Nowitzki die Schule schmeißen. Geschwindner kauft ihm stattdessen Literatur und ein Saxofon. Nowitzki spielt nicht gut, aber gerne, und er redet gerne über Musik. „Mit Fragen zum Saxofon kann man ihn packen“, sagt Ralf Meth.

Meth hat eine Bäckerei in Rattelsdorf. Jeden Sommer, auch heute noch, trainiert Nowitzki in der Gemeinde bei Bamberg mit Geschwindner in der Abtenberghalle — eine moderne Dreifachturnhalle. In der Bäckerei Meth holt Nowitzki den Hallenschlüssel ab.

Geschwindner „hat mir beigebracht zu werfen“, sagt Nowitzki. Geschwindner rechnet alles aus, die Flugkurven malt er schon mal auf einen Bierdeckel. Um mit ihm den idealen Wurf zu erarbeiten, lässt er seinen Schüler auf Händen laufen, Liegestütze auf den Fingerkuppen machen — statt Krafttraining wird auf dem See gerudert. Nowitzki folgt. Blind.

Mit 17 Jahren trifft er Dreier mit der rechten und der linken Hand. Noch heute arbeiten sie an seinem Wurf. Sein bekanntester ist der „Fade-away“. Ein Wurf im Zurückfallen. Nowitzki kann ihn auf einem Bein. „Das erste Mal, als er ihn probierte, haben alle gesagt: Was ist denn das für ein Scheißwurf?“, erinnert sich Meth. Mittlerweile ist der Scheißwurf sein Markenzeichen. Kaum einer kann ihn verteidigen, den Jungen mit dem Ballgefühl, der sich bewegt wie ein Kleiner und doch größer ist als fast alle.

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