25. Geburtstag des Düsseldorfer Karate-Dojos Die Großmeister besuchen ihren „Hanshi“

Joachim Laupp lehrt seit 25 Jahren Karate. Zum Jubiläum sind 20 Großmeister aus Japan in Düsseldorf zu Gast.

Anlässlich des 25. Geburtstags des Düsseldorfer Karate-Dojos von Joachim Laupp (vorne rechts) besuchen 20 Karate-Großmeister aus Japan Düsseldorf. In der ersten Reihe: Maeshiro Morinobu (9. Dan), Sensei Miyagi Takeshi (10. Dan), Sensei Joachim Laupp (9. Dan).

Anlässlich des 25. Geburtstags des Düsseldorfer Karate-Dojos von Joachim Laupp (vorne rechts) besuchen 20 Karate-Großmeister aus Japan Düsseldorf. In der ersten Reihe: Maeshiro Morinobu (9. Dan), Sensei Miyagi Takeshi (10. Dan), Sensei Joachim Laupp (9. Dan).

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Heute machen sie ihre Übungen ganz genau. Auch die weißen Kampfanzüge wirken noch etwas weißer als sonst. Alles soll perfekt sein, schließlich gucken absolute Legenden zu, weitgereiste Männer, die in Japan gefragte Gesprächspartner in politischen wie gesellschaftlichen Kreisen sind. Ehrenwerte Hüter über eins der wichtigsten Kulturgüter des Landes: das Shorinryu, das traditionelle Okinawa-Karate.

20 Großmeister von der japanischen Insel sind dieser Tage im Rheinland, um einen alten Freund hochleben zu lassen. Nun sitzen sie da in der Trainingshalle in einem Düsseldorfer Hinterhof zwischen freichristlicher Gemeinde, Edel-Bordell und urbanem Getöse und beobachten, was Joachim Laupp seinen europäischen Schülern so alles beigebracht hat. Laupp, einer der renommiertesten Karate-Lehrer Deutschlands, feiert am Wochenende Jubiläum. 25 Jahre ist es her, dass er Europas erste Karateschule nach alter Okinawa-Art eröffnen durfte.

Angeführt wird die Delegation von Sensei Miyagi Takeshi, Träger des 10. Dan, der höchsten Auszeichnung, die nur wenigen zu Teil wird. 81 Jahre ist das Oberhaupt der Okinawa Shorinryu Karatedo Association nun alt. Wenn Laupp und er über sich reden, ist der gegenseitige Respekt fast greifbar.

Je länger dieser höfliche ältere Herr in seinem weißen Anzug dort sitzt und in Seelenruhe über sein Leben sinniert, so verständlicher wird seine Bitte, nicht von „Kampfsport“ zu reden. Er selbst bevorzugt „Kampfkunst“, was es auch nicht richtig trifft. Es ist mehr eine Philosophie, ein Lebensmodell. Sicher, das Körperliche, die spektakulären Verrenkungen, die Hebel, Tritte und Schläge sind Kern des Ganzen. Aber ohne den spirituellen Überbau sind sie nicht denkbar. Zumindest nicht nach Okinawa-Art. Nicht so, wie Laupp und seine „Familie“ aus Japan ihr Leben danach ausrichten.

Ursprünglich war auch Laupp bloß Sportler — einer der Besten, Deutscher und Europameister. Aber nach 15 Jahren war Karate mehr geworden als körperliche Ertüchtigung und eine Vitrine voller Pokale.

Laupp war Mitte 30, als er Dank eines Lottogewinns endlich zur Wiege des Shorinryu reisen konnte. Doch der berühmte Großmeister Miyahira Katsuya war skeptisch. Laupp blieb hartnäckig, was Katsuya derart beeindruckte, dass er den Mann aus Europa nicht nur aufnahm, sondern ihn schnell wieder zurückschickte, um die Lehre des Shorinryu im Westen zu verbreiten. Ein Ritterschlag. Bis heute gilt: Wer es in Europa lehren will, braucht die Erlaubnis von Joachim Laupp. Seit kurzem darf er sich „Hanshi“ (vorbildlicher Krieger) nennen, als erster Europäer.

Laupp weiß, was es für eine Ehre ist. Denn die Menschen aus Okinawa sind eine enge Gemeinschaft, sie eint ihre traumatische Geschichte: die Zerstörung der Insel im Zweiten Weltkriegs. Großmeister Miyagi Takeshi war damals neun Jahre alt. „Wir hatten kein Haus mehr, nichts zu essen.“ Karate habe ihm und seiner Generation neues Selbstbewusstsein gegeben, so machten sie die Kampfkunst zu ihrem Lebensmodell, mit dem oberstes Ziel, keine guten Kämpfer auszubilden, sondern gute Menschen.

Von außen betrachtet hat das was von einer Sekte. Die Verbeugungen, die Hierarchien, die pathetischen Reden, die Ehrentitel. Trotzdem wirkt es nicht elitär oder gar lächerlich. Selbst Sätze wie „Karate ist das Leben“ nimmt man ihnen ab. Auch dem 81-jährigen Miyagi Takeshi. Der kämpft zwar längst nicht mehr jeden Tag, aber seinen weißen Anzug, den würde er nie ablegen. Bis ans Ende seiner Tage.

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