Bundesliga DFB modifiziert heimlich den Videobeweis

Der Videobeweis verändert den Fußball — für den Rest der Bundesliga-Saison vielleicht noch mehr als bisher. Der DFB modifizierte das Prozedere bereits nach dem fünften Spieltag. Die Vereine und die Fans wussten davon lange nichts.

 Schiedsrichter Tobias Stieler sieht sich den Videobeweis zum Handspiel von Freiburgs Söyüncü an beim Spiel des VfB Stuttgart gegen den SC Freiburg am 29.10.2017.

Schiedsrichter Tobias Stieler sieht sich den Videobeweis zum Handspiel von Freiburgs Söyüncü an beim Spiel des VfB Stuttgart gegen den SC Freiburg am 29.10.2017.

Foto: Deniz Calagan

Vor der Saison hatte der DFB kommuniziert, dass das technische Hilfsmittel nur zum Einsatz komme, „wenn der Schiedsrichter auf dem Spielfeld eine klare Fehlentscheidung getroffen oder eine entscheidende Szene übersehen hat“. Künftig soll der Videoschiedsrichter auch dann eingreifen, wenn keine klare Fehlentscheidung des Unparteiischen vorliegt.

Der „Kicker“ beruft sich auf ein dreiseitiges Schreiben des DFB vom 25. Oktober, das an alle Bundesligisten ging. Ein DFB-Sprecher bestätigte, dass der Verband in Abstimmung mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL) einen Brief an alle Clubs geschickt habe. Dieser soll in den kommenden Tagen mit entsprechenden Videoszenen veröffentlicht werden.

„Wir haben nach dem 5. Spieltag eine Kurs-Korrektur vorgenommen, ohne den grundsätzlichen Ansatz des VA-Projekts ‚Eingriff nur bei klarem Fehler‘ infrage zu stellen“, zitiert der „Kicker“ aus dem Brief: „Bei schwierigen Situationen, in denen die Einordnung der Schiedsrichterentscheidung in die Kategorie ‚klarer Fehler‘ nicht zweifelsfrei gewährleistet ist, der Video-Assistent aber starke Zweifel an der Berechtigung der Schiedsrichterentscheidung hat, soll er das dem Schiedsrichter unverzüglich mitteilen.“ Wenn sich die Wahrnehmung beider dabei „gravierend“ unterscheide, könne der Referee sich die Situation noch einmal am Video-Monitor anschauen. „Die Entscheidung, ob ihm ein klarer Fehler unterlaufen ist, liegt dann bei ihm selbst“, schreibt der DFB und verweist auf die Definition, die die internationalen Regelhüter des IFAB vorgeben: „Ein klarer Fehler des Schiedsrichters liegt vor, wenn er seine Entscheidung nach Betrachtung des Bildmaterials unverzüglich ändern würde.“

Deutlich wurden diese durch die jüngste Flut der Anwendungen des Videobeweises auch bei Fällen in denen keine „klaren“ Fehler vorlagen. Alleine am vergangenen Spieltag gab es drei Situationen, in denen der Schiedsrichter bereits eine vertretbare Entscheidung getroffen hatte, sich aber umentschied, nachdem der Mann in Köln eingriff. Es ging um zwei Elfmeter beim 1:1 zwischen Schalke und Wolfsburg und die Rote Karte im Spiel zwischen Stuttgart und Freiburg. Beim 3:0-Sieg des VfB hatte Schiedsrichter Tobias Stieler SC-Profi Caglar Söyüncü erst nach Ansicht der Videobilder vom Platz gestellt. Wie reagieren die Bundesligisten?

Offiziell bisher noch gar nicht. Der „Kicker“ berichtet allerdings, dass die Neuerung für Unverständnis und Kritik bei den Clubs sorgte, da sich die neue Interpretation im subjektiven Bereich bewege, statt in dem klarer Definitionen. Dazu dürfte die Art und Weise für Unverständnis sorgen. Der DFB setzte die Bundesligisten erst nach dem neunten Spieltag über eine Neuerung in Kenntnis, die nach dem fünften Spieltag umgesetzt wurde. Der Fan erfuhr davon bis Mittwoch gar nichts.

Der DFB betont immer wieder, dass sich der Videobeweis in einer Testphase befindet. „Am Saisonende wird dann alles zusammengetragen und entschieden, ob und wie es weitergeht“, heißt es. dpa/spo

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