Deutschlands Tennis-Wunder

Angelique Kerber gewinnt mit einer Weltklasse-Leistung gegen Serena Williams in Melbourne — und feiert die Nacht durch.

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Melbourne. Nach ihrem historischen Tennis-Coup von Melbourne ertrug Angelique Kerber sogar das versprochene Bad im schmutzigen Yarra River mit einem strahlenden Lächeln. Deutschlands erste Grand-Slam-Siegerin seit Steffi Graf hat mit ihrem Triumph gegen die Weltranglisten-Erste Serena Williams die Tennis-Welt bezaubert und wusste auch am Tag danach noch nicht, wohin mit ihrem Glück. „Die Deutschen haben lange gewartet. Es musste ein Grand-Slam-Gewinner her, um Tennis wieder populär zu machen“, sagte Kerber. „Und das habe ich jetzt geschafft.“

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„KER-BOOM“ titelten die australischen Sonntagszeitungen zum kleinen Tennis-Wunder 17 Jahre nach dem French-Open-Erfolg ihres Vorbilds Graf. Dass ihre Ankunft im Tennis-Olymp in der Heimat wieder einen Boom wie nach Boris Beckers und Steffi Grafs Erfolgen in den 1980er und 1990er Jahren auslöst, ist indes eher unwahrscheinlich. Zu sehr haben sich die Zeiten geändert. Auch nach Sabine Lisickis verlorenem Finale 2013 in Wimbledon ebbte der Hype schnell wieder ab.

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Kerber sorgte mit ihrer Weltklasse-Leistung beim 6:4, 3:6, 6:4 gegen Williams aber zumindest dafür, dass viele Deutsche am Samstagvormittag wie in alten Zeiten gemeinsam vor dem Fernseher hockten und mit einer deutschen Tennisspielerin mitfieberten. Die Endphase verfolgten bei Eurosport 2,5 Millionen Fans.

Auch Angela Merkel gratulierte. „Mit diesem Sieg haben Sie nicht nur Ihren großen Traum erfüllt, sondern 17 Jahre nach Steffi Graf auch wieder einmal die Hoffnungen von Millionen von Tennisfans auf den Sieg einer Deutschen bei einem Grand Slam-Turnier“, schrieb die Bundeskanzlerin. Auch von unzähligen Sportlern gab es Glückwünsche. „Yeeeeeees! Gratulation zu diesem historischen Sieg“, schrieb Fußball-Weltmeister Bastian Schweinsteiger. „Genieße den Moment für den Rest deines Lebens“, riet Tennis-Legende Boris Becker, und Fed-Cup-Teamgefährtin Andrea Petkovic machte ihrer „Angie“ spontan einen scherzhaft gemeinten Heiratsantrag.

„Ich danke allen Deutschen“, sagte Kerber gestern am Ufer des Yarra Rivers. Auch ihr Idol Steffi Graf hatte sich gemeldet und wie schon nach dem Final-Einzug gratuliert. Glücklich, stolz, aber vor allem auch völlig müde präsentierte sich die 28-jährige Kerber am Morgen nach dem größten Erfolg ihrer Karriere. „Ich habe keine Minute geschlafen“, berichtete die Kielerin. „Ich war noch nie so fertig wie heute.“ Erst weit nach drei Uhr am Morgen hatte sie die Rod Laver Arena verlassen, wo sich ihr Leben wenige Stunden zuvor für immer verändert hatte. „Ich bin jetzt in der Historie drin“, sagte die neue Nummer zwei der Welt. „Ich genieße alles, was jetzt kommt“, sagte Kerber.

Um 15.25 Uhr Ortszeit ging es dann mit dem Flug Thai Airways International TG 466 über Bangkok zurück nach Deutschland. Nach ein paar ruhigen Stunden im Kreise der Familie im polnischen Puszczykowo will Deutschlands neuer Tennis-Liebling dann morgen in Leipzig zum Fed-Cup-Team stoßen. Beim Duell mit der Schweiz wird Kerber am kommenden Wochenende erstmals erleben, wie es sich in der Rolle der neuen deutschen Vorzeige-Spielerin so anfühlt.

Die unterlegene Finalgegnerin Serena Williams traut der Deutschen alles zu. „Nach zwei kommt eins. Ich bin besser auf der Hut“, sagte die beste Spielerin der Welt.

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