Das perfekte Enke-Comeback

Der Torwart von Hannover 96 lässt Schalke verzweifeln – und empfiehlt sich für das Nationalteam.

Hannover. Es ist immer ein schlechtes Zeichen für eine Mannschaft, wenn der gegnerische Torhüter zum besten Spieler seines Teams gewählt wird. An diesem Nachmittag in Hannover gab es aber wohl niemanden im Stadion, der anderer Meinung war. Robert Enke hatte seinen Verein Hannover 96 das 1:0 über den FC Schalke 04, das Sergio Pinto mit einem sehenswerten Distanzschuss erzielt hatte (8.), gerettet und dabei teils atemberaubende Paraden gezeigt.

Während seine Aktionen gegen die Kopfballversuche von Heiko Westermann und Halil Altintop noch als spektakulär durchgehen könnten, so war die Abwehr des Kopfballs von Gerald Asamoah kaum zu begreifen: Der Schalker Angreifer hatte gerade einmal zwei Meter Entfernung zur Torlinie, als der Ball auf seinen Kopf fiel. Enke stand auf der anderen Seite des Tores und hastete herüber. Und irgendwie gelang es ihm tatsächlich noch, diesen sicher geglaubten Treffer der Westfalen zu verhindern.

"Besser kann ein Comeback nicht laufen. Ich freue mich besonders, ein paar spektakuläre Bälle gehalten zu haben", sagte der 96-Torhüter, dessen Leistung umso bemerkenswerter ist, weil er gegen die Schalker seine erste Partie nach fast viermonatiger Verletzungspause absolviert hatte. "Bis zuletzt war bei Robert selbst noch ein wenig Skepsis vorhanden. Jetzt hat er aber eine Punktlandung hingelegt. Man hat gesehen, wie wichtig er für uns ist", sagte sein Trainer Dieter Hecking.

Auch Bundestorwarttrainer Andreas Köpke, der das Spiel auf der Tribüne verfolgte, dürfte das starke Pflichtspiel-Comeback des Nationalkeepers nicht entgangen sein. Am 11. Februar tritt das DFB-Team in Düsseldorf gegen Norwegen an. Für Enke könnte sich dann ein Kreis schließen: Im Oktober vergangenen Jahres hatte er sich im Training der Nationalmannschaft einen Kahnbeinbruch zugezogen - ebenfalls in Düsseldorf.

"Das war ein Zeichen in Richtung Nationalmannschaft. Und das vor den Augen des Bundestorwarttrainers Andreas Köpke", zeigt sich Enke optimistisch.

Was des einen Freud, war des anderen Leid. Die Schalker konnten noch lange nach Schlusspfiff nicht fassen, was ihnen widerfahren war. Solch eine Anzahl bester Tormöglichkeiten hatten sie sich wohl in der gesamten Saison noch nicht erspielt. Und fast erschien es ungerecht, dass sie diese Partie nicht gewonnen hatten. Doch die Unfähigkeit der Schalker Mannschaft vor dem gegnerischen Tor ist kein ungewöhnliches Phänomen, sondern vielmehr eine altbekannte Schwäche, die in diesem Spiel allerdings eine neue Qualität erhalten hatte. "Ich kann der Mannschaft kaum einen Vorwurf machen. Aber um zu gewinnen, muss man Tore schießen, das ist uns nicht gelungen", bilanzierte Trainer Fred Rutten. "Es tut verdammt weh. Wir können uns keinen Ausrutscher mehr erlauben", sagte Manager Andreas Müller.

Trotzdem werde es keine weitere Verstärkung geben, wenn am Montag die Transferperiode endet. "Solche Stürmer, die Tore garantieren, gibt es in der Winterpause nicht. Und im Sommer wohl auch nicht, weil Schalke diese Leute nicht bezahlen kann", blickt Müller bereits voraus. Vermutlich hatte der Schalker Manager in seine Überlegungen bereits einbezogen, dass es seine Mannschaft nach dem Absturz in das graue Mittelmaß besonders schwer haben wird, noch einen Platz im Uefa Cup oder sogar in der noch lukrativeren Champions League zu erreichen.

"Die ganzen Kontrahenten um die internationalen Plätze kommen noch zu uns", versuchte Müller Optimismus zu versprühen. Doch in der Bundesliga-Hinrunde gelang gegen eben diese Konkurrenz lediglich ein Erfolg - mit einem 1:0 am 16. Spieltag im Heimspiel gegen Hertha BSC Berlin.

Die Hannoveraner konnten dagegen erst einmal durchatmen, weil sie mit einem optimalen Start in die Rückrunde ihren Abwärtstrend der Hinserie stoppten - vor allem dank Robert Enke.

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