Das deutsche Dilemma bei der Handball-WM

Die Pleite gegen Tunesien hat das Nachwuchskonzept in Frage gestellt. Aber am Dienstag wartet schon Argentinien.

Granollers. Zumindest die Bestbesetzung ist gesichert. Wenn am Dienstag Argentinien im dritten WM-Gruppenspiel auf die deutsche Handball-Nationalmannschaft wartet (18.15 Uhr/ARD), ist auch der angeschlagene Abwehrchef Oliver Roggisch (34) dabei. „Ich werde zu 100 Prozent spielen“, sagte er im Mannschaftsquartier Hotel Ciutat de Granollers.

Die Probleme liegen zwischen Wirbelsäule und Becken. Akkupunktur, Physiotherapie. „Es geht schon viel besser“, sagte Roggisch am Montag, der Alte im Kader, der noch immer unverzichtbar scheint — und damit auch ein deutsches Problem offenbart, das gegen Tunesien besonders zu Tage trat. Denn nicht nur das Spiel ging mit 23:25 verloren, sondern auch der Vergleich zweier Nachwuchsprojekte. Der Afrikameister stellt mit neun Akteuren, die jünger sind als 23 Jahre, das Jugend-forscht-Team dieser Titelkämpfe.

Die Deutschen haben in dieser Altersklasse mit Steffen Fäth nur einen Spieler. Erstaunlich, weil der DHB sowohl 2011 als auch 2009 Junioren-Weltmeister war — und zudem 2007 noch im Endspiel stand. Von den Nachwuchsweltmeistern 2011 steht kein (!) Youngster im deutschen Aufgebot. Die Tunesier dagegen belegten bei der WM 2011 Rang drei — und haben fast alle Junioren in die Senioren integriert.

Was also ist in Deutschland falsch gelaufen? „Die Jungs stehen in Tunesien, in einer nicht so starken Liga, 60 Minuten auf der Platte und sammeln vielfältige Erfahrungen“, sagt Bundestrainer Martin Heuberger. „Bei uns hingegen spielen die meisten in der 2. Liga und sind selbst dort noch nicht einmal Stammkräfte.“ Ein bekanntes Problem, es ändert sich aber nichts, weil Heuberger auf den Kompromisswillen der Bundesliga angewiesen ist.

Die Deutschen sind gerade dabei, die Junioren-Weltmeister von 2009 zu etablieren. Patrick Groetzki, Kevin Schmidt, Steffen Fäth und Patrick Wiencek sind vier von damals, die jetzt den Sprung ins A-Team geschafft haben. Drei von ihnen feierten am Samstag ihr WM-Debüt, Kevin Schmidt gab im Januar gar erst seinen Einstand in der deutschen Nationalmannschaft.

Die jüngeren tunesischen Ausnahmespieler Amine Bannour und Wael Jallouz haben schon 40 Auftritte mehr im Nationaltrikot auf dem Buckel. Mehr ist in diesen zwei Jahren nicht passiert — aber auch nicht weniger.

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