Boxen: Abschied mit Leberhaken

Im Schwergewichtskampf gegen Dimitrenko geht Luan Krasniqi zu Boden. Es dürfte der Schlussgong seiner Laufbahn sein.

Düsseldorf. Der linke Leberhaken war kaum zu sehen. Luan Krasniqi blieb stehen, zwei Sekunden vielleicht. Wirklich nichts deutete darauf hin, dass dieser Kampf schon beendet sein könnte. Doch dann verzerrten sich die Gesichtszüge des 37-Jährigen aus Rottweil, er ging in die Knie, und als der Ringrichter bis zehn gezählt hatte, war Krasniqi noch immer nicht aufgestanden.

Er kauerte, rang nach Luft, und einen Meter neben ihm hüpfte Alexander Dimitrenko durch den Ring und freute sich wie ein kleines Kind. Es war der Moment, in dem Dimitrenkos Karriere Fahrt aufnahm. Und der Moment, in dem die unvollendete Karriere Krasniqis zu Ende zu gehen schien. In der Statistik heißt es später: Knockout in der dritten Runde.

"Von höllischen Schmerzen" sprach Krasniqi noch im Ring, und die Zuschauer wussten nicht, ob sie ihn bemitleiden oder ob des kurzen Kampfes gedanklich zerreißen sollten. "Das waren höllische Schmerzen, ich konnte nicht mehr aufstehen", entschuldigte sich der Herausforderer.

Dimitrenkos Trainer Fritz Sdunek sprang ihm bei: "Wenn du einen auf die Leber bekommst, da würde man am liebsten vor Schmerzen kotzen." Zumindest das war unterblieben.

Vielleicht ist es das Schicksal seines Gegners Dimitrenko, dass sich vor, während und auch nach dem kurzen Kampf im ausverkauften Düsseldorfer Castello alle mit Krasniqi beschäftigten - und nicht mit dem Sieger.

Obwohl der Weißrusse schon seit sieben Jahren in Hamburg lebt, fast fließend deutsch spricht und seit mehr als drei Jahren Interkonti-Meister ist. "Sascha ist noch nicht der Held. Das Volk macht den König und nicht der König das Volk", erkannte Klaus-Peter Kohl zu vorgerückter Stunde.

Kohl promotet Krasniqi wie Dimitrenko, jetzt wird es seine Aufgabe sein, mit dem jungen Dimitrenko in die Herzen der deutschen Boxfans einzudringen. Mittelfristiges Ziel ist ein WM-Kampf gegen Wladimir Klitschko. Kleiner hat es Dimitrenko lange genug gehabt.

Mit Krasniqi, dem in Düsseldorf fast alle Sympathien gehörten, ist derweil kein Staat mehr zu machen. Der einstige Europameister, der immer vom Weltmeistertitel geträumt, bei seiner einzigen Chance am 100. Geburtstag von Max Schmeling in Hamburg aber gegen Lemon Brewster nach Knockout verloren hatte, ist aus allen Weltranglisten verschwunden.

Wollte er sich noch einmal zurück kämpfen, müsste er sich durch zweitklassige Vorkämpfe quälen. Das kann keine Alternative zum Rücktritt sein, auch wenn sich der gebürtige Kosovo-Albaner das im Schmerz der Niederlage nicht eingestehen mochte. "Ich werde mich mit meiner Familie und Herrn Kohl beraten", sagte er.

In den Verdacht, dass er sich dem Trommelfeuer seines 23-jährigen Widersachers entziehen wollte, geriet Krasniqi nicht. Die ersten beiden Runden gingen nach Meinung der Experten an ihn, er war aktiver, mutiger, ein Sieg war nicht mehr unmöglich. "Luan hat sich hier topfit präsentiert", lobte Kohl. Aber es klang nur noch wie ein gut gemeinter letzter Gruß.

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